Der Spritverbrauch von Neufahrzeugen – und damit die Emissionen – soll noch deutlich stärker gesenkt werden als bisher bekannt. Die Abstimmung im Umweltausschuss war eindeutig. Der Autoverband VDA übt scharfe Kritik und rechnet mit dem Verlust vieler Arbeitsplätze.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Das Europaparlament will die Autohersteller dazu zwingen, den Spritverbrauch von Neufahrzeugen drastisch zu senken. Der Kraftstoffverbrauch von neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen, gemessen im Ausstoß von CO2, soll zwischen 2021 und 2030 um 45 Prozent verringert werden. Bis 2025 soll der Kraftstoffverbrauch um 20 Prozent sinken. Mit dieser Verhandlungsposition zur künftigen CO2-Regulierung will der federführende Umweltausschuss im EU-Parlament in die Verhandlungen mit den EU-Mitgliedstaaten und der Kommission gehen.

 

Die Reduktionsziele von 45 Prozent bis 2030 und 20 Prozent bis 2025 wären eine drastische Verschärfung der Vorgaben, die die EU-Kommission vorgeschlagen hat. Die Kommission hatte eine Reduzierung um 30 Prozent bis zum Jahr 2030 und 15 Prozent bis 2025 angeregt. Sollten die Vorgaben 2030 von der Industrie nicht erreicht werden, drohen den Herstellern hohe Strafzahlungen. Die Regulierung zielt darauf ab, den Anteil von batteriebetriebenen und Fahrzeugen mit alternativem Antrieb deutlich zu steigern. Geht es nach dem Parlament, sollen 2025 20 Prozent aller Neuzulassungen in diese Kategorie fallen und 2030 40 Prozent.

Kritik an der Entscheidung

Die Abstimmung im Umweltausschuss für die scharfen Umweltauflagen fiel eindeutig aus: 38 Abgeordnete stimmten dafür, 23 dagegen, es gab sieben Enthaltungen. Sozialdemokraten und Grüne haben sich für die besonders strenge Regulierung stark gemacht, Christdemokraten und die konservative Parteienfamilie waren dafür, nicht über die Vorschläge der Kommission hinaus zu gehen. Anfang Oktober stimmt nun das Plenum des Europaparlaments über die Entscheidung ab. Entweder bestätigt das Parlament den Beschluss des Umweltausschusses. Dann ist er die Basis des Parlaments für die Verhandlungen mit dem anderen Co-Gesetzgeber, den Umwelt- und Verkehrsministern der Mitgliedstaaten. Es ist allerdings auch möglich, dass das Parlament die Entscheidung korrigiert und andere CO2-Ziele anpeilt.

Die Entscheidung der Parlamentarier wird heftig kritisiert. Der Chef des Branchenverbandes VDA, Bernhard Mattes, erklärt: „Das Votum des Umweltausschusses geht an der wirtschaftlichen und technischen Realität vorbei.“ Die deutliche Verschärfung der Kommissionsziele sei weder klima- noch wirtschaftspolitisch nachvollziehbar. Mattes sagt voraus: „Die vorgegebenen Ziele werden von der Branche nicht umsetzbar sein.“ Er rechne mit einem Verlust von vielen Arbeitsplätzen. Die Umweltpolitiker wollen die Jobverluste auffangen mit Programmen, die aus den Strafzahlungen der Autohersteller finanziert werden. Dies sieht der Entwurf der federführenden maltesischen Umweltpolitikerin Miriam Dalli vor. Mattes kritisiert: „Es ist höchst alarmierend, dass das EU-Parlament mit einer Verordnung wissentlich massive Jobverluste in Kauf nimmt und dies sogar ausdrücklich adressiert.“ Jetzt bleibe zu hoffen, dass die Europaabgeordneten bei der Abstimmung im Plenum im Oktober eine realistischere Perspektive einnehmen und eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Lösung finden.

Eine „sehr bittere Nachricht“

Gegenspieler von Dalli im Ausschuss ist der CDU-Abgeordnete Jens Giesecke. „Die SPD hat ihren wirtschaftspolitischen Kompass verloren“, schimpft der Abgeordnete aus Papenburg. Das Ziel sei „Unfug“, es richte sich gegen die Interessen der europäischen Automobilindustrie. Für die Beschäftigten in den Werken sei dies eine „sehr bittere Nachricht“. Es wird damit gerechnet, dass Gieseke für die Abstimmung im Plenum Anfang Oktober einen Kompromissvorschlag vorlegt. Die Energieexpertin der Grünen, Rebecca Harms, wollte noch ehrgeizigere Ziele durchsetzen.