Der Kreistag des Rems-Murr-Kreises protestiert gegen die Schließung von Notfallpraxen. Er fordert vom Land eine nachhaltige Sicherung der Standards. Die Städte und Gemeinden haben sich dazu bereits klar positioniert.
Der Rems-Murr-Kreistag hat einstimmig und fraktionsübergreifend eine Resolution zur ambulanten medizinischen Versorgung und gegen die Schließung von Notfallpraxen im Rems-Murr-Kreis auf den Weg gebracht. Der Ältestenrat des Kreistags hatte sich, so berichtete der Landrat Richard Sigel, über Parteigrenzen hinweg darauf geeinigt, das Thema nicht nur auf die Tagesordnung des Kreistags zu setzen, sondern von der Kreisverwaltung auch eine entsprechende Resolution erarbeiten zu lassen und diese gemeinsam zu beschließen.
Zu wenige Hausärzte im Schwäbischen Wald
Die Gesundheitsversorgung in Baden-Württemberg stehe derzeit vor gewaltigen Herausforderungen, so heißt es in dieser Resolution. Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) habe in ihrer Bedarfsplanung im Jahr 2022 erstmals eine Unterversorgung festgestellt. Vor allem gibt es demnach zu wenige Hausärzte im Schwäbischen Wald, im ambulanten Bereich brechen im Rems-Murr-Kreis vielerorts zunehmend die Strukturen im hausärztlichen Bereich weg. Und auch die Versorgung mit Kinder- und Jugendärzten habe sich verschlechtert. Die für die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung zuständige KVBW scheine mit ihren Mitteln die notwendigen Strukturen nicht mehr sichern zu können, heißt es in der Resolution, und habe unter anderem mit der Schließung der Notfallpraxis in Schorndorf im Herbst 2023 reagiert. Im Zuge einer Zentralisierung der Notfallpraxis in Winnenden werde auch die Schließung der Notfallpraxis in Backnang angekündigt.
Aus Sicht des Landkreises und seiner Rems-Murr-Kliniken werde die dauerhafte Schließung von gleich zwei Notfallpraxen in Schorndorf und Backnang dazu führen, dass die Patientenzahlen in der Notaufnahme der Rems-Murr-Kliniken noch stärker ansteigen werden. Die Klinik-Notaufnahme in Winnenden habe seit Schließung der KV-Notfallpraxis in Schorndorf einen Zuwachs von mehr als 2000 Patienten binnen drei Monaten verzeichnet. Dies führe zwangsläufig zu längeren Wartezeiten und Unzufriedenheit. Zudem entstehe ein höheres Risiko, dass wegen der Überbelastung in den Notaufnahmen Akutfälle nicht rechtzeitig behandelt werden können.
Forderungen an das Land Baden-Württemberg
„Der Kreistag ist daher ernsthaft besorgt, dass sich die ambulante medizinische Versorgung und auch die Notfallversorgung weiter verschlechtern und fordert daher das Land Baden-Württemberg auf, eine schlüssige Strategie vorzulegen, wie die staatliche Daseinsvorsorge im Bereich der ambulanten medizinischen Versorgung, insbesondere auch in der Notfallversorgung nachhaltig gesichert werden soll“, heißt es in der Resolution. Die Kostenträger werden aufgefordert, die KVBW, deren Sicht der Dinge in der Kreistagssitzung im Backnanger Bürgerhaus die Vorstandsvorsitzende Doris Reinhardt erläutert hatte, finanziell so auszustatten, dass der Versorgungsauftrag kreisweit erfüllt werden kann. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist es gewagt davon auszugehen, dass eine gute medizinische Versorgung für 433 000 Menschen mit einer einzigen Notfallpraxis ausreichen wird.“
Die Städte und Gemeinden im Rems-Murr-Kreis haben sich bereits in der Vorwoche einstimmig der Resolution angeschlossen und unterstützen die formulierten Inhalte ausdrücklich. Die Resolution unterstützt dabei auch ausdrücklich die Forderung der Hausärzte nach weiteren Maßnahmen zur Entbürokratisierung der Arbeitsabläufe und Entlastung der Praxen. In der Kreistagssitzung stellten sich alle Fraktionen hinter die Forderungen zur Sicherung einer bedarfsgerechten ambulanten medizinischen Versorgung im gesamten Kreis.