Vor allem Eltern haben oft das Gefühl, an alles denken zu müssen und dennoch nicht vorwärts zu kommen. Die Journalistin Laura Fröhlich erklärt in Waiblingen, wie sie die mentale Belastung gerechter teilen können.

Waiblingen - Jeden Sonntag treffen sich Laura Fröhlich und ihr Mann zum Küchenmeeting. Das heißt, sie setzen sich zusammen, packen ihre Kalender aus und besprechen, welche Termine und Aufgaben in der folgenden Woche anstehen – vom Impftermin beim Kinderarzt über den Lebensmitteleinkauf bis zum Termin in der Autowerkstatt. Diese Termine werden dann auf einer großen Tafel notiert und aufgeteilt – nicht akribisch Fifty-Fifty, aber so, dass keiner das Gefühl hat, alles bleibe an ihm oder ihr hängen.

 

Das ist nur eine Methode, mit der Partner aus der unguten Spirale gegenseitiger Schuldzuweisungen à la „Ich muss mich um alles kümmern“ und „dir kann man es ja nicht recht machen“ aussteigen können. Für die Verwaltung der Aufgaben könne man auch eine Exceltabelle oder eine App wie beispielsweise Trello nutzen, erklärt Laura Fröhlich.

Dauerstress im Alltag: Irgendwann explodierte Laura Fröhlich

Sie kann gut verstehen, dass viele Frauen im Familienalltag den Eindruck haben, dass sie an alles denken müssen. Ihr war es lange Zeit genauso gegangen. „Ich habe mich gefragt, wieso ich immer so gestresst bin“, erzählt die 36-jährige dreifache Mutter, die aus Backnang stammt und nach ihrem Literatur- und Geschichtsstudium eine Ausbildung zur Produktmanagerin und Redakteurin gemacht hat.

Mütterkur und Meditation – nichts habe geholfen. „Ich dachte, ich bin unfähig und muss einfach noch mehr Gas geben“, beschreibt Laura Fröhlich die Situation, nachdem ihr drittes Kind geboren war. In einem Urlaub platzte ihr dann der Kragen: „Ich bin explodiert, und wir sind früher nach Hause gefahren.“ Damals hätten sie und ihr Mann gemerkt, dass sich etwas ändern müsse. Zu dieser Zeit stieß Laura Fröhlich auf den Begriff Mental Load, zu Deutsch: mentale Belastung – das Gefühl, an alles denken zu müssen und nichts wirklich hinzubekommen.

„Das war für mich die Erleuchtung. Ich wusste plötzlich: Mein Kopf kann nie abschalten, weil ich immer meine Listen abarbeite“, sagt Laura Fröhlich. Mental Load sei nicht nur, aber hauptsächlich ein Frauenproblem, sagt die Journalistin, die jüngst das Buch „Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles“ veröffentlicht hat und Anfang Oktober bei der Familienbildungsstätte Waiblingen einen Vortrag zu Mental Load hält.

Kümmern gilt als Frauensache

Das Thema ist komplex, hat eine gesellschaftliche und eine private Komponente. In beiden Bereichen müsse sich etwas ändern, findet Laura Fröhlich. Sich zu kümmern, sei es um die Kinder, die betagten Eltern oder kranke Angehörige, das gilt nach dem herrschenden Gesellschaftsbild immer noch als Frauensache. Mädchen werden von klein auf so sozialisiert, dass sie sich für Zwischenmenschliches zuständig fühlen. Laura Fröhlich weiß, dass sie Teil des Problems ist – niemand kann aus seiner Haut: „Ich habe festgestellt, dass ich von meiner Tochter erwarte, dass sie hilfsbereiter, fürsorglicher und einfühlsamer ist als meine Söhne.“

Tatsache aber sei: „Frauen können das nicht von Natur aus, es wird von ihnen erwartet. Mein Mann konnte sich von Anfang an viel besser um andere kümmern als ich.“ Und es sei wissenschaftlich belegt, dass sich nicht nur bei einer Mutter, sondern auch beim Vater oder der Oma das Kuschelhormon Oxytocin umso stärker entwickele, je öfter sich die Person um das Baby kümmere. Übung macht den Meister. Was also ist zu tun? „Es braucht eine Revolution zu Hause“, sagt Laura Fröhlich – doch auch die Gesellschaft muss sich verändern. Daheim gelte es, dem Partner verständlich zu machen, wie sich mentale Belastung anfühle, Veränderungen durchzusprechen sei das nächste.

Beide Partner haben ein Interesse daran, Aufgaben zu verteilen

„Wir haben aufgeschrieben, welche Aufgaben anfallen, diese kann man dann aufteilen. Manchmal ist es für eine Mutter schon eine große Entlastung, wenn der Vater wochentags die Rucksäcke der Kinder packt und die Essensplanung für das Wochenende übernimmt.“ Der Schritt, sich weniger für alles verantwortlich zu fühlen, brauche ein gewisses Selbstbewusstsein, räumt Laura Fröhlich ein.

Manchmal werde sie von Männern gefragt, was denn der Vorteil für den männlichen Part sei bei der Aufgabenteilung. Laura Fröhlich hat eine Antwort parat: „Wenn die Person, die für die Atmosphäre zuständig ist, ständig genervt ist, dann ist die Atmosphäre schlecht und die Beziehung leidet.“ Es liege also im eigenen Interesse. Und Laura Fröhlich ist sich trotz manchen Rückschritts, auch durch die Corona-Pandemie, sicher: „Es tut sich was.“

Vortrag: Am 6. Oktober ist Laura Fröhlich von 19.30 Uhr an mit ihrem Vortrag „Mental Load – unsichtbarer Stress“ bei der Familienbildungsstätte Waiblingen zu Gast. Anmelden kann man sich dafür entweder online unter www.fbs-waiblingen.de oder telefonisch unter 0 71 51/982 24 89 20.