Mehrere Beamte überwältigen in einer Disco einen Mann und schlagen ihn, bis er am Boden liegt. Wollten sie den Videomitschnitt einer Überwachungskamera verschwinden lassen?

Bremen – Zum wiederholten Mal sind Bremer Polizisten in den Verdacht willkürlicher Gewaltanwendung geraten. Wie das Überwachungsvideo einer Disco zeigt, hatten mehrere Beamte einen laut Polizei „aggressiv aufgefallenen“ Mann überwältigt und getreten, als er bereits wehrlos am Boden lag. Die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt nicht nur wegen Körperverletzung im Amt, sondern versucht auch aufzuklären, ob die Polizisten den belastenden Videomitschnitt womöglich verschwinden lassen wollten.

 

Die Staatsanwältin Claudia Kück bestätigte gestern, dass die am Einsatz beteiligten Beamten nach dem Vorfall am 23. Juni von der Disco den Mitschnitt anforderten – angeblich als Beweismittel, denn der 28-Jährige soll eine Garderobenfrau geohrfeigt haben (was er bestreitet) und dann gegen die einschreitenden Polizisten Widerstand geleistet haben. Laut der „Bild“-Zeitung handelt es sich um einen Familienvater, der nach dem Einsatz wegen Prellungen an Kopf und Rücken in der Notaufnahme behandelt werden musste.

Aussage gegen Aussage

Solche Videoaufnahmen anzufordern, sei ein „völlig normaler Vorgang“, sagte Kück. Die Discobetreiber wollen das Video daraufhin zur Polizei gebracht haben. Die Beamten hingegen wollen es nicht erhalten haben. Nun lässt die Staatsanwaltschaft klären, welche Aussage stimmt. Sollte die Polizei das Video tatsächlich bekommen haben, müsse geprüft werden, wie es verschwunden sei. Bisher sei es „reine Denktheorie“, dass Beamte das Video absichtlich aus dem Verkehr gezogen hätten, sagte Kück. Offenbar gab es eine Kopie des Videos, die Journalisten zugespielt wurde.

Tage nach dem Vorfall beschlagnahmte laut Kück eine andere Polizeidienststelle mit richterlichem Beschluss die komplette Überwachungsanlage der Disco. Dies habe nichts mit dem Einsatz zu tun gehabt, sondern sei die Folge einer Strafanzeige eines Discomitarbeiters gewesen. Nach seinen Angaben habe die Anlage nicht nur Bilder, sondern auch Töne aufgezeichnet, das könne strafbar sein. Allerdings habe der Beschäftigte noch keinen Strafantrag gestellt. Deshalb habe die Polizei die Anlage nicht nach Strafrecht, sondern zur Gefahrenabwehr beschlagnahmt. Es gebe „überhaupt keine Hinweise“, dass dadurch „irgendetwas vertuscht werden sollte“, sagte Kück.

Zwei weitere Vorfälle beschäftigen die Staatsanwälte

Die Staatsanwaltschaft führt auch Ermittlungen wegen eines Vorfalls vom Mai. Damals hatte eine Zivilstreife nach einem Gaststätteneinbruch einen Passanten als Täter verdächtigt. Als der 54-Jährige sich einer Kontrolle widersetzt habe, so die Polizei damals, sei es zu Auseinandersetzungen gekommen. Dabei habe sich der Mann erhebliche Gesichtsverletzungen zugezogen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. Sein Anwalt sagte damals der „taz“, der Zivilbeamte habe den Mann „mit Faustschlägen niedergemacht“. Auch wegen eines Vorfalls von 2011 ermittelt die Staatsanwaltschaft. Auch hier geht es um Polizisten, die am Rande von Krawallen einen Passanten angegriffen und ins Gesicht geschlagen haben sollen.