In den neuen Fällen ist nicht nur die Kürzung des Gehalts zulässig, sondern auch die Rückforderung von bezahlten Leistungen für ein halbes Jahr. Drei Kollegen hatten 2017 mehr Glück.
Stuttgart - Kurz vor der Betriebsratswahl Ende April hat das Arbeitsgericht Stuttgart noch einmal an die Auseinandersetzung zwischen Gremiumsmitgliedern und der Geschäftsführung der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) AG erinnert: Die 6. Kammer wies die Klagen von vier Betriebsräten gegen die Kürzung von Zahlungen, die Herabgruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe und die Streichung von Aufwandsentschädigungen und Zulagen ab. Dies war so zuvor auch dem Betriebsratsvorsitzenden Klaus Felsmann sowie zwei Kollegen ergangen. Abweichend von deren Urteilen wurden nun allerdings die Klagen insgesamt abgewiesen. Das heißt, dass auch das von der SSB-Geschäftsführung zusätzlich geäußerte Begehren einer Rückforderung der zu viel gezahlten Gehaltsbestandteile für ein halbes Jahr für berechtigt erklärt worden ist.
Die drei Betriebsräte, deren Fälle schon 2017 verhandelt worden waren, hatten mehr Glück. Ihre Richter verurteilten den Arbeitgeber, die bereits zurückgezahlten Beträge zu erstatten. Das ist nach Aussage des Betriebsratsvorsitzenden Klaus Felsmann auch geschehen. Gegen das Verbot der Rückforderung ist seines Wissens nicht vorsorglich Berufung eingelegt worden. Das ist nun auch nicht mehr möglich.
Bundesarbeitsgericht hat geurteilt
Ein Gericht, zwei Kammern und zwei unterschiedliche Urteile – Ünal Yalcin, Richter am Arbeitsgericht und Pressesprecher, weist darauf hin, dass in den vier im März verhandelten Fällen eine kürzlich veröffentlichte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (5 AZR 11/17) eine Rolle gespielt habe. Darin heißt es, eine verbotene Begünstigung der Betriebsräte wäre auf Dauer angelegt, würde man eine Rückforderung der Leistungen ausschließen.
In den ersten drei Fällen hatten sich die Richter auf einen anderen Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuches bezogen, der eine Rückforderung für den Fall ausschließt, dass der Zahlende, in dem Fall der damalige SSB-Arbeitsdirektor Reinhold Bauer, gewusst habe, dass er nicht zur Leistung verpflichtet gewesen sei.
Betriebsrat geht in die Berufung
Jeder Fall sei anders zu bewerten, betont Pressesprecher Yalcin. Diese Meinung teilt der Betriebsrat, weshalb auch in den vier neuen Fällen mit einer Berufung zu rechnen ist. Er ist weiter der Ansicht, dass die Zahlungen sowohl der Höhe nach als auch hinsichtlich der einzelnen Bestandteile rechtens seien. Grundlage seien nämlich die 2008 von den beiden Betriebsparteien mit anwaltlicher Beratung vereinbarten „Grundsätze zur Vergütung von freigestellten Betriebsratsmitgliedern“.