Nochmal Merkel - oder was? An diesem Sonntag entscheidet sich, ob die Kanzlerin abermals eine große Koalition anführen kann.

Berlin - Die Welt blickt am Sonntag auf Berlin. Genau genommen: Aufs Willy-Brandt-Haus. Das kann man mit Fug und Recht behaupten. Das Interesse internationaler Medien ist riesig. Allein 12 Anfragen ereilten die Pressestelle der SPD aus Japan. Die Journalisten aus Fernost und anderswo wollen wissen, wie die Lage der SPD zu bewerten und wie das Ergebnis des Mitgliederentscheids über den Koalitionsvertrag mit der Union verkündet wird. Kein Wunder: denn von den 463723 stimmberechtigten Genossen hängt ab, ob Deutschland bald eine neue, stabile Regierung mit der altbekannter Kanzlerin Angela Merkel hat – oder eben nicht.

 

Der Ablauf folgt strengen Regeln und steht von Anfang bis Ende unter der Beobachtung eines Notars, allein schon, um keinen Grund für Verschwörungstheorien zu liefern. Die Auszählung orientiert sich am Mitgliedervotum, das bereits 2013 über das Zustandekommen einer großen Koalition entschied, allerdings wird diesmal nicht in einem zum hippen Veranstaltungsort umfunktionierten ehemaligen Postbahnhof ausgezählt, sondern in der Parteizentrale. Am Samstag um Punkt 17 Uhr wird dort der Lkw mit den ausgefüllten Wahlunterlagen erwartet. Generalsekretär Lars Klingbeil wird die brisante Fracht in Empfang nehmen. Drinnen warten – wie schon 2013 - zwei Hochleistungs-Schlitzmaschinen, die 20000 Briefe in der Stunde maschinell öffnen können. Hoch oben im fünften Stock werden 120 von den Landesverbänden und Bezirken ausgewählte Freiwillige ab 21 Uhr die ausgefüllten Wahlunterlagen im Hans-Jochen-Vogel-Saal auswerten. Wer in den Auszählbereich will, muss sein Handy abgeben. Ab 21 Uhr darf bis zum Ende der Auszählung auch keiner mehr das Haus verlassen, Medien ist, von einem kurzen Bildtermin mit Fraktionschefin Andrea Nahles und dem kommissarischen Vorsitzenden Olaf Scholz mal abgesehen, in dieser Zeit der Zutritt strikt untersagt. Um 9 Uhr morgens wird dann Schatzmeister Dietmar Nietan das Ergebnis verkünden.

Stimmt die SPD-Basis dem Koalitionsvertrag zu, wird am Montag die CSU ihre drei Minister benennen. Die SPD will, so der inoffizielle Fahrplan, am 12. März ihr Personal bekannt geben. Wenn aus Sicht der Groko-Befürworter alles gut geht, kann Angela Merkel am 14. März im Amt bestätigt werden und die Wogen glätten sich. Stimmt die Basis mit Nein, wird sich Merkel mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kurzschließen. Der wird sie vermutlich als Kanzlerin vorschlagen, Merkel dürfte, womöglich schon im ersten von bis zu drei Wahlgängen, gewählt werden und fortan für eine Übergangszeit eine Minderheitsregierung führen. Lange würde diese aber wohl nicht amtieren. Baldige Neuwahlen gelten dann sowohl bei Union als auch bei SPD als wahrscheinlich.