Die Stadt Stuttgart will ihren Mitarbeitern die VVS-Firmentickets subventionieren. Jetzt zieht die Wirtschaft nach: Auch kleinere Unternehmen wünschen sich, ihren Mitarbeitern Firmentickets anbieten zu können. Dabei geht es allerdings nicht nur um Feinstaub.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Das Vorhaben von Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne), durch einen kräftigen Zuschuss das Firmenticket des Verkehrsverbundes Stuttgart (VVS) für Beschäftigte der Stadt zu verbilligen, könnte Nachahmer in der Wirtschaft finden. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart, die eine solche Regelung seit vielen Jahren hat, sieht Vorteile vor allem für kleine mittelständische Unternehmen, die ihre Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen könnten.

 

Stuttgarts grüner OB will bekanntlich etwas gegen den Feinstaub in der Stadt tun, gleichzeitig soll die Verwaltung als Arbeitgeber attraktiver werden. Beiden Zielen dient die Idee, für städtische Mitarbeiter das Firmenticket des VVS durch einen Zuschuss von 40 Euro stark zu subventionieren. Die Monatskarte für das zwei Zonen umfassende Stadtgebiet würde so statt 60 noch 20 Euro kosten.

VVS-Firmenticket für Mittelständler attraktiv

Bei der IHK trifft die Idee auf Zustimmung. „Das ist ein attraktives Instrument, um Mitarbeiter zu binden“, sagt Sprecherin Anke Seifert. Insbesondere kleinere Mittelständler könnten davon profitieren, die ihre Beschäftigten üblicherweise nicht wie Großunternehmen etwa durch Boni, Auslandsaufenthalte oder Dienstwagen bei Laune halten könnten.

So hätten sich Unternehmen an die Kammer gewandt mit der Forderung, dass kleinere Firmen als Verbünde Firmentickets beim VVS abnehmen könnten, damit sie für ihre Beschäftigten den Mengenrabatt erhalten könnten, der erst von 50 Tickets an gewährt wird.

Anderswo wird das Firmenticket schon gefördert

Die IHK selbst ist in Sachen ÖPNV-Zuschuss ihrer Zeit weit voraus. Die Kammer zahlt jedem Mitarbeiter, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommt, bis zu 50 Euro im Monat, was 220 der 450 Mitarbeiter nutzen, sagt Anke Seifert. Das sind immerhin 49 Prozent und deutlich mehr als die 33 Prozent der insgesamt 19 000 Mitarbeiter der Stadt, die derzeit ein Firmenticket haben. Bei der Stadt setzt man sogar darauf, dass durch das neue Angebot künftig 70 Prozent der Beschäftigten das Firmenticket nutzen werden. Bei der IHK gibt es den Zuschuss schon so viele Jahre, dass niemand mehr weiß, seit wann genau.

Anspruch auf Originalität kann Oberbürgermeister Fritz Kuhn für sein Vorhaben also nicht erheben, das Thema liegt seit geraumer Zeit in der Luft. So übernimmt etwa der Landkreis Ludwigsburg seit Anfang des Jahres bis zu 75 Prozent der Kosten für das „Job-Ticket“ von Mitarbeitern bis zu einem Maximalbetrag von 80 Euro. Allerdings machten davon bisher erst 140 von nahezu 1700 Beschäftigten Gebrauch, sagt Pressesprecher Andreas Fritz. Die Stadtverwaltung Pforzheim bezuschusst das Jobticket schon seit 2009, um nur einige Beispiele zu nennen.

OB Kuhn will mit gutem Beispiel vorangehen

Fritz Kuhn geht es auch nicht um Originalität, sondern um Vorbildhaftigkeit. Wie berichtet, will er nach der Sommerpause zu einem Mobilitätsgipfel laden, für den auch die Wirtschaft gewonnen werden soll. Durch das Zuschussangebot will Kuhn mit gutem Beispiel vorangehen. Man darf gespannt sein, ob der Vorstoß weitere Kreise zieht, so dass dieser auch entsprechende ökologische Effekte zeitigt.

„Die Idee ist ja noch frisch“, sagt Katrin Wahl, Pressesprecherin der Allianz am Standort Reinsburgstraße im Westen auf die Frage, ob das Versicherungsunternehmen vielleicht mit dem grünen OB mitziehen wird. Schon heute nutzen an dem Standort 700 der 2000 Beschäftigten das Firmenticket des VVS, das sind 35 Prozent. Einen Zuschuss des Unternehmens gebe es nicht für das Firmenticket, aber etliche andere Vergünstigungen für die Beschäftigten etwa in der Altersvorsorge oder der Gesundheitsförderung.

Auch die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) zahlt ihren Mitarbeitern gegenwärtig keinen speziellen Zuschuss für das Firmenticket. Dieses werde derzeit von 2000 LBBW-Beschäftigten genutzt, so ein Sprecher. Von den mehr als 74 000 Beschäftigten, die der Automobilkonzern Daimler im Großraum Stuttgart hat, nutzen rund 4000 Mitarbeiter jedes Jahr das Firmenticket.

47 200 Kunden haben ein Firmenticket

Sie gehören zu den 47 200 VVS-Kunden, die ein Firmenticket haben. Das sind knapp ein Fünftel der 250 000 Jahreskartenbesitzer. Dies sei ein „durchschnittlicher Wert“, sagt Horst Stammler, den der VVS-Geschäftsführer erhöhen will. Angesichts einer vergleichsweise hohen Zahl von 500 000 Monatstickets will Stammler die „langfristige Kundenbindung“ durch mehr Jahreskarten verbessern.

Das Ziel, diesen Wert weiter zu erhöhen, ist auch ein Grund für die Weiterentwicklung des Firmentickets, ein Konzept, auf das der Oberbürgermeister sozusagen aufsetzt. Wie berichtet, soll im Oktober der VVS-Aufsichtsrat entscheiden, ob die Rabattierung des Firmentickets von sieben auf zehn Prozent erhöht wird, wenn ein Unternehmen seinerseits mindestens zehn Prozent an Zuschuss drauflegt.