VVS-Rider, SSB-Flex oder Ruftaxis Angebot an On-Demand-Verkehr verwirrt viele Kunden

Die gelben Vans von SSB-Flex kosten einen Komfortzuschlag, für den VVS-Rider reicht in der Region die normale Fahrkarte. Foto: SSB/Birgit Kiefer

In der Region Stuttgart gibt es inzwischen ein vielfältiges Angebot an Ruftaxis und Shuttles, die Bus und Bahn ergänzen. Doch für den Nahverkehrskunden sind deren teilweise sehr unterschiedliche Spielregeln schwer zu durchschauen.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Das Konzept ist überzeugend. Wenn Bus oder Bahn nicht fahren, auf dem Land oder zu später Uhrzeit, kann der Fahrgast mit seinem Ticket auf ein Shuttle umsteigen. On-Demand-Verkehr, also Verkehr auf Nachfrage, heißt das Konzept, das im Smartphone-Zeitalter eigentlich komfortabel funktionieren sollte. Doch in der Region Stuttgart ist das Angebot verwirrend. Zu unterschiedlich sind die Spielregeln.

 

Gleich vier Marken in der Region

Ruftaxi und VVS-Rider in der Region, SSB-Flex in Stuttgart und Schlienz-Flexmobil in Wernau (Kreis Esslingen) – schon bei den Anbietern wird es unübersichtlich. Einmal kann man mit einem Fahrschein des Verkehrs- und Tarifverbundes Stuttgart (VVS) oder dem Deutschlandticket einsteigen, ein anderes Mal muss man extra zahlen.

Ausgerechnet Ruftaxis sind gar keine Taxis, sondern fahren wie Busse auf festen Linien – zum normalen VVS-Tarif. Unter dem Kürzel „RT“ werden sie in den Fahrplan-Apps angezeigt. Man muss sie mindestens eine Stunde im Voraus bestellen. Das geht aber ausschließlich per Telefon. Eine einheitliche Nummer für das VVS-Gebiet gibt es nicht.

Die anderen Angebote bucht man am besten per App. Sie sind bei ihren Routen flexibler. Dafür fahren die Shuttles gegebenenfalls Umwege, um weitere Passagiere zu bedienen. In der VVS-Fahrplanauskunft tauchen diese Angebote aktuell nicht auf.

VVS-Rider haben unterschiedliche Bedienzeiten

Das neueste Angebot ist der VVS-Rider. Selbst innerhalb dieses Angebots, das ebenfalls mit dem normalen Nahverkehrsticket benutzt werden kann, sind die Bedienzeiten sehr unterschiedlich. Im Bereich Geislingen (Kreis Göppingen), dem seit dem Start im Dezember 2023 mit 50 000 Nutzern populärsten Angebot, kommt man sieben Tage in der Woche von frühmorgens bis nach Mitternacht weiter. In Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen) verkehrt das Shuttle hingegen nur werktags. In Rutesheim/Renningen im Kreis Böblingn gibt es den Rider andererseits nur am Wochenende.

Am Albtrauf und bei einem zum 1. Mai ganz neu eingeführten Angebot im Raum Winnenden (Rems-Murr-Kreis) und Schwäbischer Wald bedient man vor allem Nachtschwärmer, dafür die ganze Woche lang. Doch selbst hier sind die Zeiten unterschiedlich, einmal ab 20.30 Uhr, ein andermal ab 18 Uhr. In Bietigheim-Bissingen (Kreis Ludwigsburg) kann man das Angebot nur in der Nacht zu einem Sonntag buchen. Solche Feinheiten mögen für Nutzer in den jeweiligen Gebieten kein Problem sein. Doch wenn man von auswärts eine Fahrt plant, muss man genau recherchieren.

VVS würde sich mehr Einheitlichkeit wünschen

Dass solche Unterschiede aus Sicht der Fahrgäste verwirrend sind, räumt man beim Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) ein. Einiges sei historisch gewachsen, sagt Sprecher Niklas Hetfleisch: „Der VVS hat sich vor einiger Zeit beispielsweise dafür eingesetzt, dass es für Ruftaxis eine einheitliche Telefonnummer gibt – da sind aber am Ende leider nicht alle Kreise mitgegangen.“

Aber dafür, dass der VVS-Rider nicht in die VVS-Fahrplanauskunft integriert ist, ist man selber verantwortlich. „Die größte Schwierigkeit besteht darin, dass die VVS-Rider-App eine eigenständige App ist“, sagt Hetfleisch. Man strebe aber die Vollintegration beider Systeme an. Aktuell verweist zwar die Rider-App auf alternative Verbindungen mit Bussen und Bahnen, die VVS-App gibt hingegen zu möglichen Shuttle-Verbindungen keine Informationen.

SSB-Flex mit Komfortzuschlag

Immerhin ist die VVS-Rider-App mit der App des von den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) in Stuttgart betriebenen Angebots SSB-Flex kompatibel. Doch das folgt wiederum eigenen Regeln. Dieser Service kostet im Gegensatz zum Rider extra. Zusätzlich zum dichten Stuttgarter Bus- und Bahnnetz gilt SSB-Flex nämlich als Komfortangebot. Nachts kostet beispielsweise eine Fahrt von der Innenstadt nach Degerloch 8 Euro und 11 Euro nach Zuffenhausen. Wer kein VVS-Ticket hat, zahlt zu dieser Uhrzeit 1,80 Euro extra. Und auch hier gibt es eine Fußnote: Beim Angebot tagsüber in Vaihingen, Möhringen, Degerloch und im Stuttgarter Süden sind kurze Fahrten zur nächsten Haltestelle für Inhaber eines VVS-Abos oder Deutschlandtickets gratis.

Land verlangt Mindeststandards

Beim Landesverkehrsministerium sieht man die unterschiedlichen Regeln kritisch. „Wenn das Angebot einheitlich gestaltet ist, erleichtert das den Zugang“, sagt ein Sprecher des Ministeriums. Das Land macht deshalb für von ihm geförderte Verkehre klare Vorgaben. Es muss werktags mindestens ein stündliches Angebot zwischen 5 Uhr und Mitternacht geben, am Wochenende ab 7 Uhr. Die Bestellung muss per App oder Telefon möglich sein. Und die Shuttles müssen in den normalen Tarif integriert sein. Bis zu zwei Millionen Euro auf fünf Jahre können die Betreiber dann erhalten.

Und so machen BW Shuttles in den von den Nahverkehrszügen in Baden-Württemberg bekannten Landesfarben den bunten Strauß an Marken komplett. Der VVS-Rider mutiert in einigen Gebieten dank Landesförderung auch noch zum BW Shuttle. „Dies ist als Ergänzung zu unserem Markenkonzept zu sehen und wird durch entsprechende Logos auf Fahrzeugen und Flyern auch signalisiert“, sagt VVS-Sprecher Hetfleisch.

Die wichtigsten Bedarfsverkehre im VVS

Ruftaxi
Die älteste und verbreitetste Variante. Auf telefonische Bestellung mindestens 60 Minuten vorher fahren Vans oder Kleinbusse auf mehr als 50 festen Linien. Es gelten die VVS-Fahrkarten – mit Ausnahme weniger Verbindungen, die über die Verbundgrenze hinausreichen. Dort braucht es ein Zusatzticket. Nur diesen Bedarfsverkehr findet man in den Fahrplan-Apps.

VVS-Rider
Ein seit Mitte 2023 aufgebautes, aktuell acht Gebiete bedienendes Shuttle, das spätestens 15 Minuten vor der Abfahrt vorzugsweise per App aber auch telefonisch gebucht werden kann und zu flexiblen Stationen fährt. Allerdings muss man damit rechnen, dass für weitere Fahrgäste Umwege gefahren werden. Für Abfahrt- und Ankunftszeiten braucht es deshalb einen Puffer. Es gilt der VVS-Tarif und natürlich auch das Deutschlandticket.

SSB-Flex
Seit Anfang 2022 ein Regelangebot der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) im Stadtgebiet Stuttgart. Ursprünglich ein ergänzender Spät- und Nachtverkehr, seit Dezember 2024 in den Stadtteilen Vaihingen, Möhringen, Degerloch und Stuttgart-Süd auch tagsüber. Das flexible Shuttle kostet extra – für eine einzelne Person aus der Innenstadt in die Stadtteile liegt das je nach Entfernung zwischen etwa drei und 13 Euro. Wer ein Nahverkehrsticket besitzt, bekommt zwischen 1,50 und 1,80 Euro Rabatt oder fährt tagsüber auf kurzen Strecken gratis. age

Weitere Themen