Eine freiwillige Zahlung an die deutschen Kunden würde den Willen zum Wandel bei VW untermauern, kommentiert Wirtschaftsredakteur Michael Heller. Trotzdem fehlt ein Gesetz.

Stuttgart - Die hinhaltende Taktik des VW-Managements ist zunächst einmal verständlich. Würden die Kunden mit manipulierten Fahrzeugen in Deutschland nach amerikanischem Vorbild mit umgerechnet 1000 Dollar entschädigt, dann kämen weitere gewaltige Zahlungen auf den Konzern zu – neben den bereits immensen Kosten für die Rückrufaktionen und die Strafbescheide, die zudem im Raum stehen. Die kleinste anzunehmende Zahl an geschädigten Dieselkunden in Deutschland lautet 2,4 Millionen. Das wären bei 1000 Dollar pro Fahrzeug umgerechnet insgesamt 2,2 Milliarden Euro.

 

VW will nicht zahlen, weil die gesetzliche Grundlage in Deutschland fehlt. Leider sind Unternehmen offenbar nur bereit das zu tun, was juristisch unausweichlich ist. Diese Haltung ist zumindest zulässig, ob sie auch vernünftig ist, sei dahingestellt. VW wird auf jeden Fall den bereits erlittenen Imageschaden durch seine uneinsichtige Haltung noch vergrößern. Eine freiwillige Zahlung würde hingegen ein „Wir haben verstanden!“ glaubwürdig belegen und könnte die Wende zum Besseren einleiten. Die Diskussion zeigt aber auch, dass in Deutschland ein Gesetz fehlt, das die Schadenersatzpflicht regelt. Zahlungen auf freiwilliger Basis sind dafür letztlich kein Ersatz, wenngleich die VW-Kunden auf so eine Geste angewiesen wären; den Fall Volkswagen könnte ein neues Gesetz nicht mehr erfassen.

Der erlittene Schaden ist im Einzelfall immer schwer zu bemessen. Bezogen auf das Beispiel VW macht es gewiss einen Unterschied, ob ein Problem durch ein einfaches Software-Update aus der Welt zu schaffen ist oder ob konstruktive Veränderungen vorgenommen werden müssen. Der Rechtsweg ist das beste Mittel, dies zu klären. Dass jeder Käufer bis jetzt versuchen muss, individuell zu seinem Recht zu kommen, ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Für Aktionäre wurde in Deutschland schon vor Jahren das Mittel der Sammelklage geschaffen. Warum haben Autokäufer eigentlich weniger Rechte als Aktionäre?