Die Elektroauto-Offensive nimmt immer deutlicher Fahrt auf: Volkswagen erhöht die Investitionen massiv, BMW zeigt den Tesla-Herausforderer. Und Daimler hat große Pläne mit Smart.

Frankfurt/Main - Mitten in der anhaltenden Diesel-Debatte will die deutsche Autoindustrie vor allem mit Elektroautos und autonomem Fahren punkten. Allein Volkswagen erhöht die Investitionen in E-Autos bis 2030 auf 20 Milliarden Euro. Bis 2025 seien von den Konzernmarken mehr als 80 neue Autos mit Elektromotor geplant, darunter rund 50 reine E-Modelle und 30 Plug-in-Hybride, sagte VW-Chef Matthias Müller vor dem Beginn der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt. Grund für die Offensive ist auch die Abgas-Affäre, die VW in eine tiefe Krise gestürzt hatte.

 

BMW will auf der Messe eine viertürige Elektro-Limousine präsentieren, mit der die Bayern Herausforderern wie Tesla und Nissan begegnen wollen. Daimler plant, seine Kleinwagenmarke Smart komplett auf elektrische Antriebe umstellen. Bis 2020 soll es in Europa und Nordamerika nur noch Elektro-Smarts geben, der Rest der Welt soll kurz darauf folgen, wie Vorstandschef Dieter Zetsche sagte. „Damit wird Smart die erste Automobilmarke, die konsequent vom Verbrenner-Portfolio auf ein reines Elektro-Portfolio umsteigt.“ Zetsche kündigte außerdem an, bis 2022 das komplette Autoangebot auch mit Elektroantrieben zur Verfügung zu stellen.

Eröffnung der Messe am Donnerstag

Auf der Frankfurter Messe, die am Donnerstag von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eröffnet wird, sind 994 Aussteller vertreten, darunter mehr als 50 Automarken. Gezeigt werden den Veranstaltern zufolge 363 Innovationen, darunter 228 Weltpremieren. Dazu zählen trotz des Trends zur Elektromobilität auch wieder zahlreiche schwere Geländewagen mit Verbrennungsmotoren.

Nach Müllers Worten soll es bis 2030 für jedes der weltweit rund 300 Modelle des VW-Konzerns mindestens eine elektrifizierte Variante geben. Hintergrund ist eine „Roadmap E“ genannte Strategie - laut VW die umfassendste Elektro-Offensive in der Autoindustrie. Zu den bislang in der Regel noch teuren E-Autos sagte er: „Wenn Volkswagen den ID anbietet, wird er nicht teurer sein als ein Diesel.“ Doch auch Dieselmotoren hätten Zukunft, bis 2025 soll der Anteil der Verbrenner nach Volkswagen-Schätzung ohnehin noch 75 Prozent betragen.

Der „Bild“-Zeitung (Dienstag) sagte Müller: „Diesel-Fahrverbote sind starker Tobak und können wir auf keinen Fall akzeptieren.“ Auch er als Vater und Großvater wolle saubere Luft. „Aber die Grenzwertdiskussion schreit zum Himmel. Wenn Sie von Messstationen 50 Meter weggehen und da messen, sieht das häufig schon ganz anders aus.“ Er wolle die Verantwortung der Autobauer nicht kleinreden, aber bei dem ganzen Thema sei - gerade in Zeiten des Wahlkampfes - viel Hysterie im Spiel und zu wenig Wissenschaft.

Merkel lehnt Fahrverbote und Tempolimits ab

„Der Diesel ist nicht Teil des Problems, sondern der Lösung“, sagte VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch der dpa. Die ganz neuen Motoren seien sauber und effizient. Er forderte ausländische Hersteller zu mehr Engagement auf, um Fahrverbote zu verhindern. „Wir strengen uns alle an“, meinte Pötsch mit Blick auf die deutschen Hersteller und Maßnahmen, um Diesel umweltfreundlicher zu machen.

Derweil lehnt Merkel neben Fahrverboten auch Tempolimits als mögliche Konsequenz aus dem Diesel-Skandal ab. „Generelle Tempolimits sind falsch“, sagte sie der „Berliner Zeitung“ (Dienstag). „Über das autonome Fahren bekommen wir besser gelenkte Verkehrssysteme mit Richtgeschwindigkeiten. Bei alternativen Antrieben gibt es keine Emissionen, und laut ist es dann auch nicht mehr.“ Sie betonte, der Autoindustrie nicht zu unkritisch gegenüber zu stehen: „Die Fehler müssen benannt und abgestellt werden. Zugleich müssen wir sehen, dass in der Autoindustrie mehr als 800 000 Menschen arbeiten, die gar nichts falsch gemacht haben.“

Zuvor hatte der Branchenverband VDA massive Investitionen der deutschen Hersteller in die zentralen Zukunftsfelder angekündigt. Allein in das vernetzte und automatisierte Fahren steckten die deutschen Unternehmen bis 2020 zwischen 16 und 18 Milliarden Euro, in alternative Antriebe rund 40 Milliarden Euro.