Jetzt geht es plötzlich schnell: Der Volkswagen-Konzern will seine Lkw-Sparte noch vor der Sommerpause in diesem Jahr an die Börse bringen.

Wolfsburg - Plötzlich soll es ganz schnell gehen. Erst Mitte März hatte VW den geplanten Börsengang seiner Nutzfahrzeugtochter Traton auf Eis gelegt. Nur zwei Monate später werden sie unverhofft wiederbelebt. Traton-Chef Andreas Renschler, der einst von Daimler kam, ist für den zweiten Anlauf zuversichtlich. „Traton und unser gesamtes Team sind sehr gut aufgestellt für die Wiederaufnahme der Vorbereitungen zu einem schnellen Börsengang“, sagt der 61-Jährige. Dorthin will er „mit voller Kraft“ und noch vor der Sommerpause.

 

VW fühle sich wohl vom stärker gewordenen Dax, der wieder um die 12 000 Punkte changiert, ermuntert, sagt Branchenanalyst Frank Schwope von der NordLB. Finanziell nötig habe VW diesen Schritt nicht. Zwar könnten auf die Traton-Mutter wegen des Dieselbetrugs noch weitere Milliardenstrafen zukommen, und auch die Elektromobilität verschlinge finanziell ähnliche Dimensionen. Aber VW verdiene anhaltend gut. Eventuell noch fällige Strafen und Investitionen würden sich auf mehrere Jahre verteilen. Ein Argument für einen raschen Börsengang von Traton könnten dagegen unter US-Präsident Donald Trump eskalierende Handelskonflikte sein.

Die haben das Zeug, den Welthandel in die Knie zu zwingen, sagen Konjunkturexperten. Hersteller von Lastwagen würden das deutlich spüren. Kommt der Welthandel unter Druck, werden Waren nicht mehr in geplanten Umfängen transportiert, Lkw als Lastesel des Gütertransports werden weniger nachgefragt. Sollte aus den Handelskonflikten ein globaler Handelskrieg werden, wäre Traton womöglich ein Gang hatte aufs Parkett länger versperrt.

Die jüngsten Zahlen machen Mut

Traton hatte zuletzt Zahlen geliefert, die für einen Börsengang Mut machen. Im ersten Quartal 2019 sind die operativen Gewinne um über ein Fünftel auf knapp eine halbe Milliarde Euro geklettert. Die Profite wuchsen weit stärker als der Umsatz, der um sechs Prozent auf 6,4 Milliarden Euro zugelegt hat. Die operative Rendite hat das im Jahresvergleich von 6,4 auf 7,3 Prozent gehievt. Blickt man genauer in den Konzern mit dem Kunstnamen Traton, ergibt sich ein gemischtes Bild. Denn getragen wird die Profitabilität vor allem von der schwedischen Lkw-Marke Scania. Sie steuert aktuell im Vergleich zur deutschen Schwestermarke MAN das Dreifache an Gewinn bei und das bei ähnlichen Absatzgrößen. Folglich liegt die operative Scania-Rendite mit elf Prozent um weit mehr als das Doppelte über der von MAN mit 4,7 Prozent.

Unter Gesichtspunkten einer optimierten Profitabilität kommt der Börsengang um einige Jahre zu früh, erklärt Schwope. Traton gibt es erst seit drei Jahren. Im Zentrum des Managens steht dabei das Heben von Synergieeffekten zwischen Scania und MAN, das lange nur schleppend vorangekommen ist. Dazu kommt, dass Produktlebenszyklen im Lkw-Geschäft bei 15 Jahren liegen. Es dauert also sehr lange, bis Kostensenkung per Synergien greift.

Kampfansage an Daimler

An der Stoßrichtung herrscht kein Zweifel. „Wir sind voll auf Kurs zu einem globalen Champion“, stellt Renschler klar. Das ist eine Kampfansage gegen Ex-Arbeitgeber Daimler, der Weltmarktführer im Geschäft mit Lastwagen und Bussen ist. Anders als die Stuttgarter ist die mit ihrer Zentrale in München ansässige Traton kein wirklich globales Unternehmen. Die Münchner sind zwar in Europa und Brasilien die Nummer eins und in China über ein MAN-Gemeinschaftsunternehmen mit dem dortigen Hersteller Sinotruk aktiv. In den USA und damit einem Lkw-Schlüsselmarkt hält Traton bislang aber nur eine Minderheitsbeteiligung am dortigen Lkw-Bauer Navistar.

Mit potenziellen Milliardenerlösen aus einem Börsengang könnte Traton den US-Konzern rasch ganz schlucken, sagen Branchenkenner. Damit könnte Traton tatsächlich zu einem globalen Wettbewerber von Daimler werden. Den Gesamtwert von Traton schätzt Schwope aktuell auf 25 bis 35 Milliarden Euro. So gerechnet könnte der Gang aufs Parkett rund sechs bis neun Milliarden Euro bringen.