Die Gläubiger des Gewa-Tower schauen gespannt nach Fellbach. Ein Weiterbau des im Rohbau stehenden, 107 Meter hohen Turms ist in Aussicht. Ein neuer Investor steht offenbar bereit.

Fellbach - Wenn es in den vergangenen Wochen keine Neuigkeiten vom Gewa-Tower zu vermelden gab, heißt das nicht, dass nichts passiert wäre. Tatsächlich fanden zahlreiche Verhandlungsrunden statt. Über ein Treffen an diesem Mittwoch in Fellbach sagt Hans-Jürgen Friedrich, Vorstandsmitglied des vermutlich größten Geldanlegers beim insolventen Tower, der KFM Deutsche Mittelstand AG und ihres Mittelstandsanleihen-Fonds, sogar, dass es vielleicht ein abschließendes Gespräch sein wird. Kurz gesagt: Ein Investor steht offenbar bereit, der das Geld vorschießen könnte, um den Tower fertig zu bauen.

 

Der Herr des Verfahrens ist allerdings der vom Amtsgericht Esslingen bestellte vorläufige Insolvenzverwalter Ilkin Bananyarli von der Kanzlei Pluta in Stuttgart. Er hat nach seinen Angaben bereits zahlreiche Gespräche geführt. In diesem Verfahren gibt es viele Beteiligte: Anleihegläubiger, Wohnungskäufer, Hotelerwerber und Hotelbetreiber. „Entsprechend müssen auch sehr viele Gespräche geführt werden“, lässt der stets vorsichtige Bananyarli durch seinen Sprecher mitteilen.

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Doch wird unverkennbar auch der Ton dieser Mitteilungen noch positiver. Bananyarlis jüngstes Statement lautet: „Die Gespräche und Verhandlungen laufen gut. Ich bin daher sehr optimistisch, dass wir eine Lösung für den Gewa-Tower erzielen werden. Gemeinsam mit den Anleihegläubigern arbeite ich an einer Lösung, damit der Turm zu Ende gebaut werden kann.“

Am Weiterbau des Gewa-Tower sind alle Gläubiger stark interessiert

Die Ausgangslage für alle Verhandlungen ist die gleiche geblieben. Das Bauunternehmen Baresel GmbH, das den Beton für den Wohnturm im vergangenen Jahr bis zum von ihm verhängten Baustopp im Rohbau bis in die Endhöhe 107 Meter gegossen hat, ist bereit, die Arbeiten fortzusetzen. Anders sähe die Situation aus, wenn darüber keine Einigung einschließlich der Zufuhr frischen Kapitals erzielt würde: „Wenn der Tower abgewickelt werden müsste, käme es zum Totalausfall für die Anleihegläubiger“, sagt Friedrich. Derzeit wird die Anleihe bei ungefähr 30 Prozent ihres Emissionspreises gehandelt. „Wir glauben,“ so sagt der mit den Verhandlungen vertraute Friedrich, „dass bei einem Weiterbau eine deutlich bessere Quote als 30 Prozent für die Anleihegläubiger herauskommt.“ Dabei redet Friedrich nicht nur über wenige Prozentpunkte, sondern über eine Quote mit relativ geringen Verlusten. Die Anleihegläubiger haben auch eine starke Position beim Turm: Ihr Investment ist erstrangig im Grundbuch absichert. „Das ist ein Status wie ihn eine Bank hat. Es haftet ein großes Gebäude.“ Friedrich sagt daher: „Ich bin zuversichtlich.“ Banken sind derzeit beim Tower-Projekt offenbar nicht mehr nennenswert mit Krediten engagiert.

Rechtsanwalt soll zum Sprecher aller Anleihe-Gläubiger gewählt werden

Die Zuversicht rührt auch daher, dass die Gläubiger der Gewa-Anleihe weitgehend mit einer Zunge reden. Bei einem Gesamtvolumen von 35 Millionen Euro der Gewa-Anleihe haben die Gläubiger von inzwischen 22 Millionen Euro, darunter der Mittelstandsanleihen-Fonds der KFM, ihre rechtlichen Interessen gebündelt und die Kanzlei MZS Rechtsanwälte in Düsseldorf mit ihrer Vertretung beauftragt. Deren Spezialist für Kapitalmarktrecht Gustav Meyer zu Schwabedissen spricht damit für die Mehrheit der geschätzt etwa 300 bis 350 Anleger, womit auch das größte Gewicht in einer künftig noch folgenden Versammlung der Anleihegläubiger bereits feststeht. Geplant ist, ihn in einer Gläubigerversammlung zum Sprecher der Anleihegläubiger insgesamt zu wählen. Diese sollte ursprünglich noch im Januar stattfinden. Gustav Meyer zu Schwabedissen erklärt die Verzögerung mit Vorbereitungen, die noch zu treffen seien.

Sollte allerdings in diesen Tagen tatsächlich eine Einigung über die Konditionen des Einstiegs eines neuen Investors erzielt werden, dürfte eine solche Versammlung zügig stattfinden.