Die grün-rote Landesregierung will das Kommunalwahlrecht ändern. Unter anderem setzt sie die Altersgrenze von 18 auf 16 Jahre herunter. Dem Landesjugendring geht der Plan aber nicht weit genug.

Stuttgart - Am 29. Juni 2005 haben es die Sozialdemokraten schon einmal versucht. Doch die damalige Landtagsmehrheit von CDU und FDP lehnte den Gesetzentwurf zur „Stärkung der Beteiligungsrechte von Jugendlichen“ ab. Das Wahlalter blieb bei mindestens 18 Jahren. An der Seite der Genossen waren damals nur die Grünen. So wird das auch jetzt wieder sein, mit dem Unterschied, dass Grün-Rot inzwischen die Mehrheit hat. Am Dienstag soll das Kabinett das Wahlalter senken.

 

Etwas weniger Schwung als vor sieben Jahren hat die neue Bewegung freilich. Damals wollte die SPD die 16 auch für die Landesebene verankern. Doch damit 16-Jährige bei einer Landtagswahl mitmachen dürfen, müsste die Landesverfassung geändert werden. Das schaffen Grüne und SPD alleine aber nicht. Und so haben sie von diesem Ziel erst mal Abstand genommen.

Landesjugendring will mehr

„Gerade Kommunalpolitik beeinflusst das Umfeld von Jugendlichen ganz direkt“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Landtags-Grünen, Andreas Schwarz. Deshalb wolle man ihnen auch die Chance zugestehen, mehr mitzugestalten. „Wir wollen nicht nur für junge Menschen Politik machen, sondern mit ihnen“, sagt Schwarz. Ähnlich hatte die SPD 2005 argumentiert: „Es sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, Jugendliche für Politik zu interessieren und ihnen echte Partizipationsmöglichkeiten einzuräumen, um auch unmittelbar daran teilhaben zu können.“

Der Landesjugendring hält das für gut. Das Wahlalter auf 16 herabzusetzen sei „der erste Schritt in die richtige Richtung“, findet die Vollversammlung der Arbeitsgemeinschaft, in der 29 Jugendverbände und die Orts-, Stadt- und Kreisjugendringe vertreten sind. Doch gehe der Plan nicht weit genug. Das Wahlalter nur für die Kommunalebene zu senken mache weder inhaltlich noch politisch Sinn, so die Vorsitzende des Verbands, Isabel Hoever. „Die Argumente, die für die Senkung auf Kommunalebene sprechen, gelten für die Landesebene gleichermaßen.“ Der Jugendring fordert weiter, das Wahlalter auf 14 zu senken.

1500 Jugendgemeinderäte im Land aktiv

Auch die Kritiker – etwa von den Kommunalverbänden – wenden ein, dass nicht nachzuvollziehen sei, weshalb nur auf der Kommunalebene am Wahlalter gedreht werde. Zudem gebe es bereits viele Mitwirkungsmöglichkeiten auf örtlicher Ebene. Man solle deren Vielfalt pflegen und das Thema nicht auf das Wahlalter reduzieren, mahnt Norbert Brugger vom Städtetag.

Eine Mitwirkungsform sind die Jugendgemeinderäte. Nirgendwo sonst gebe es hiervon so viele wie im Südwesten, ist bei der Landeszentrale für politische Bildung zu erfahren. In 76 Städten und Gemeinden sind demzufolge insgesamt 1500 Jugendgemeinderäte tätig, die ältesten seit 1987 in Tuttlingen und Filderstadt. Sogar die 4700-Einwohner-Gemeinde Schönau im Schwarzwald hat ein solches Gremium.

Die Opposition argwöhnt, Grün-Rot lasse sich womöglich von parteipolitischen Interessen leiten, weil sie sich bei der jüngeren Generation beliebter wähnt. Tatsächlich waren bei der Landtagswahl 2011 7,4 Prozent der Wähler 18 bis 24 Jahre alt, bei den Grünen betrug deren Anteil aber 8,5 Prozent, bei der SPD 7,7, bei der FDP nur 5,9 und bei der CDU 5,8 Prozent. Freilich: damals ging es um eine Landtagswahl.