In der deutschen Debatte über die Ukraine bricht der unbedingte Drang danach durch, endlich bei den Guten zu sein. Das kann für die Bundesregierung aber nicht der Maßstab sein, kommentiert Reiner Ruf.

Dass ein großer Krieg in Europa die Gemüter aufschreckt, liegt auf der Hand. Dass die öffentlichen Debatten mit Schärfe geführt werden, entspricht der Bedeutung des Themas. Doch hat sich in den Streit ein Ton der Unduldsamkeit eingeschlichen, der die Diskursdemokratie bundesrepublikanischer Ausprägung untergräbt. In den Meinungsshows des Fernsehens wird niedergemacht, was nur von fern nach einem Zugeständnis an den russischen Gegner – nein: Feind – riecht. Ein Leitmedium wie der „Spiegel“, der die Welt eben noch mit gefakten Reportagen nach dem eigenen Bilde gemalt hatte, geriert sich als ein publizistischer Aktivistenverband zur Niederringung Russlands. Wer anders redet, ist geistig zurückgeblieben oder moralisch verkommen.