In den vergangenen fünf Jahren wurden die Besitzer von Schusswaffen mit unterschiedlicher Intensität kontrolliert. Im Rhein-Neckar-Kreis haben in den vergangenen fünf Jahren gerade 20 Prozent der 6800 Waffenbesitzer Besuch von einem Kontrolleur der Behörde erhalten.

Heidelberg - Nach dem Amoklauf von Winnenden 2009 sollten unter anderem Waffenbesitzer häufiger überprüft und die Aufbewahrung ihrer Waffen vor Ort besser kontrolliert werden. Doch in der Praxis hat sich auf dem Gebiet offenbar seither nicht allzu viel getan. Mit Verwunderung haben soeben Vertreter der Grünen und der SPD im Rhein-Neckar-Kreis zur Kenntnis genommen, dass dort in den vergangenen fünf Jahren gerade 20 Prozent der 6800 Waffenbesitzer Besuch von einem Kontrolleur der Behörde erhalten haben.

 

Vorausgegangen war ein Fernsehinterview, das Stefan Becker, der Leiter des Ordnungsamts des Kreises, zum Jahrestags eines Amoklaufs in Dossenheim bei Heidelberg gegeben hatte. Dort hatte ein 71-Jähriger Vereinsschütze im August 2013 bei einer Wohnungseigentümerversammlung wild um sich geschossen, zwei Teilnehmer getötet, fünf teils schwer verletzt und dann sich selbst das Leben genommen.

Ordnungsamtschef sagt, seine Behörde sei unterbesetzt

Im Interview hatte der Ordnungsamtschef erklärt, seine Abteilung sei personell gar nicht in der Lage zu regelmäßigen Prüfungen. „Idealerweise müssten alle 6800 Waffenbesitzer des Kreises innerhalb von zwei, drei Jahren kontrolliert werden“, sagte er. Tatsächlich werde es aber „zehn, elf Jahre dauern, bis der letzte dran ist“.

Die Fraktion der Grünen hat deshalb jetzt den Antrag gestellt, bei der nächsten ordentlichen Sitzung des Kreistags im Herbst zu erklären, „warum der Aufgabenbereich Waffenkontrolle nur unzureichend durchgeführt wird“. Außerdem wollen die Kreisgrünen nähere Aufklärung über die Zahl der unangemeldeten Kontrollbesuche und der Beanstandungen sowie über die Kosten und die Gebühreneinnahmen in diesem Bereich. Die Verwaltung solle eine Berechnung vorlegen, wie viel Personal benötigt werde, um die Kontrollen der Waffenbesitzer innerhalb der erforderlichen Zeit durchzuführen, heißt es in dem Antrag. Anschließend solle der Stellenplan der Behörde geändert werden, „um die als dringend notwendig angesehene Zahl von Waffenkontrolleuren baldmöglichst einzustellen“.

SPD kritisiert Landratsamt wegen mangelhafter Kontrollen

Auch der Vorstand der SPD in Dossenheim hat das Heidelberger Landratsamt wegen der bisher „mangelhaften Kontrollen“ kritisiert und eine Verstärkung insbesondere bei der Überprüfung der Besitzer großkalibriger Waffen verlangt. Man sollte das ohnehin liberale Waffenrecht „nicht noch zusätzlich durch grenzwertige Kontrollen liberalisieren“, schrieb der Vorsitzende Fred Hermann der Partei in einem Offenen Brief an Landrat Stefan Dallinger (CDU).

Die von den Kritikern als allzu lax empfundenen Prüfungen des Heidelberger Landratsamtes – ihm untersteht die größte Waffenbehörde eines Landkreises in ganz Baden-Württemberg – ist allerdings kein Einzelfall. Es gibt Städte und Kreise, in denen die Waffenbesitzer amtlicherseits noch weit seltener behelligt werden, als rund um Heidelberg. Im Landkreis Rottweil etwa wurde nach Angaben des Innenministeriums seit 2009 nur bei sechs Prozent der Waffenbesitzer die Aufbewahrung kontrolliert. Schwäbisch Hall kommt auf eine Quote von 2,5 Prozent, der Landkreis Calw auf ein Prozent. Am meisten Zeit lässt man sich in der Verwaltungsgemeinschaft Bad Saulgau. Dort wurden tatsächlich in den vergangenen fünf Jahren erst 0,5 Prozent der Waffenbesitzer überprüft.

Laut dem Innenministerium stimmt der Turnus für die Regelüberprüfung

Im Landesdurchschnitt beträgt die Fünf-Jahres-Quote derzeit 40 Prozent, auch die Landeshauptstadt liegt mit 26 Prozent deutlich darunter. Für die Hebung des Schnitts haben unter anderem Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen, Fellbach, Winnenden, Weinstadt, Villingen-Schwenningen, die Verwaltungsgemeinschaft Bad-Säckingen, der Landkreis Heidenheim und die Stadtkreise Freiburg und Karlsruhe gesorgt, die es alle auf je 100 Prozent bringen. Im Gegensatz zu den Aufbewahrungskontrollen, für die es keine näheren Vorgaben gibt, wird die gesetzlich vorgeschriebene Regelüberprüfung der Zuverlässigkeit und Eignung der Waffenbesitzer laut dem Ministerium überall im vorgegebenen Turnus von drei Jahren durchgeführt oder wiederholt.

Auch ohne nähere Vorgaben für die Aufbewahrungskontrollen „müsste nach unserer Meinung hier mehr getan werden“, hieß es aus dem Innenministerium. Man habe deshalb die vier Regierungspräsidien gebeten, sich um die Städte und Kreise mit einer Quote von unter 40 Prozent zu kümmern. „Die Präsidien sollen sich berichten lassen, woran es liegt und möglichst noch bis Ende des Jahres Vorschläge für Verbesserungen einholen“, erläuterte er.