Die rigide Kontrolle von Waffenexporten durch die Bundesregierung sorgt bei den Rüstungskonzernen für Unmut. Jetzt traf sich Wirtschaftsminister Gabriel mit den Chefs mehrerer Hersteller. Es geht nicht zuletzt um Tausende Arbeitsplätze.

Die rigide Kontrolle von Waffenexporten durch die Bundesregierung sorgt bei den Rüstungskonzernen für Unmut. Jetzt traf sich Wirtschaftsminister Gabriel mit den Chefs mehrerer Hersteller. Es geht nicht zuletzt um Tausende Arbeitsplätze.

 

Berlin - Die Bundesregierung will angesichts weltweiter Krisen bald Klarheit darüber schaffen, welche Teile der deutschen Rüstungsindustrie unbedingt erhalten bleiben sollen. Dazu werde es in den nächsten Wochen Beratungen der schwarz-roten Koalition geben: „Das ist eine Verabredung von Frau Merkel und mir“, sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Freitag nach einem Treffen mit Topmanagern von Rüstungsfirmen in Berlin. Die Branche warnt wegen des Stopps vieler Projekte vor dem Verlust tausender Arbeitsplätze. Für die Bundesregierung spielen auch sicherheitspolitische Interessen eine Rolle.

Gemeinsam mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) soll geprüft werden, welche finanziellen Spielräume im Haushalt sowie militärischen Notwendigkeiten es bei der Bundeswehr gibt, um auf die Bedrohung des Westens durch die Ukraine-Krise oder den Vormarsch der islamistischen Terrormiliz IS zu reagieren. Die Zeiten eines schrumpfenden Verteidigungsetats seien definitiv vorbei, hieß es dazu in Koalitionskreisen. Anschließend müsse die deutsche Rüstungsindustrie sagen, ob das, was Bundeswehr, Nato- und EU-Partner bei ihnen bestellen, zum Überleben reicht, meinte Gabriel.

Nach Ansicht des Präsidenten des Branchenverbands BDSV, Rheinmetall-Chef Armin Papperger, drängt die Zeit: „Wir müssen schnelle Lösungen haben.“ Andernfalls sei die Wehrtechnologie in Deutschland und somit der Auftrag der Rüstungsbranche gefährdet, „unsere Töchter und Söhne in der Bundeswehr“ gut auszurüsten, meinte Papperger. Er zeigte sich grundsätzlich bereit, eine von Gabriel geforderte nationale Konsolidierung mitzutragen, wenn diese zukunftsfähig sei.

Sigmar Gabriel will sich kümmern

Der Chef des Rüstungsunternehmens Diehl, Claus Günther, mahnte, seine Branche sei ein Innovationsmotor. Schon heute gebe es internationale Projekte ohne deutsche Beteiligung. Das negative Markenzeichen „german free“ mache die Runde. Dies könne auf die gesamte deutsche Exportwirtschaft ausstrahlen, betonte der Industrieverband BDI.

Nach Angaben der Branche sind viele mittelständische Anbieter bereits in Schwierigkeiten, weil Hausbanken wegen der gestiegenen Unsicherheit im Rüstungsgeschäft höhere Kreditzinsen verlangen. Gabriel will sich darum kümmern: „Wir werden dafür sorgen, dass wir hier entsprechende Hilfestellung geben.“ So könnte es Angebote der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau geben.

Der SPD-Chef räumte ein, dass es im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD bei der Rüstungspolitik Widersprüche gibt.

Einerseits seien Rüstungsexporte in Länder außerhalb von EU und Nato nur in solchen Ausnahmefällen erlaubt, in denen besondere deutsche Sicherheitsinteressen berührt sind. Andererseits habe sich die Regierung das Ziel gesetzt, dass Deutschland eine leistungsfähige Rüstungsindustrie behalte.

Die Waffenlieferungen an die Kurden im Nord-Irak spielen eine Sonderrolle - hier geht es nicht um Rüstungsexporte von Unternehmen, sondern um eine von der Bundesregierung veranlasste Lieferung aus Bundeswehrbeständen.

Den Vorwurf, er lasse bewusst Anträge für Rüstungsexporte liegen, wies Gabriel zurück. Das sei Unfug: „Wir haben keinen riesigen Antragsstau.“ Es stapelten sich derzeit ungefähr 700 Anträge, normal seien 300 bis 400. Die höhere Zahl ergebe sich durch die Ukraine-Krise, weil allein 100 Anträge für Waffenexporte nach Russland auf Eis lägen.

Nach Beschwerden von Unternehmen will Gabriel nun aber prüfen, ob Ausfuhranträge im Dual-Use-Bereich, die zivil und militärisch genutzt werden können, und für Ersatzteil-Lieferungen schneller bearbeitet werden - wenn sie nichts mit Kriegswaffen zu tun haben. Gabriel will den Dialog mit der Rüstungsbranche, an dem auch Betriebsräte und die IG Metall teilnehmen, im November fortsetzen.