Wer Reichsbürger, Terroristen, Schwerkriminelle entwaffnen will, muss den illegalen Waffenhandel kompromisslos bekämpfen und bestehendes Recht konsequent anwenden, kommentiert Franz Feyder.

Es ist wie bei einem Würgereiz. Man kann einfach nichts dagegen tun. Wenn der Zungengrund oder die Gaumenbögen berührt werden, kommt es einem hoch. So wie die Forderung nach strengeren Waffengesetzen immer dann hochkommt, die veröffentlichte und politische Meinung dominiert, wenn wieder irgendwo geschossen wurde. Gleichgültig, ob in den vergangenen Wochen in Hamburg, bei mutmaßlichen „Reichsbürgern“ in Reutlingen oder vor einem Jahr in Boxberg-Bobstadt.

 

Strenge Waffengesetze sind gut

Nicht, dass es hier ein Missverständnis gibt: Strenge Waffengesetze sind gut! Dass der Staat weiß, wer warum eine Waffe besitzt, dass er darüber entscheidet, wer und ob sich überhaupt jemand eine Schusswaffe besorgen darf, ist nur vernünftig. Es macht das Leben sicherer, wenn nicht jeder einfach in den Supermarkt gehen kann, um sich mit Waffen und Munition einzudecken. Das neue, von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angekündigte Gesetz wird in den nächsten Monaten bestehende Schlupflöcher stopfen.

Dass dieses wie das bestehende Gesetz auch angewandt wird, ist vor allem Sache der kommunalen Verwaltung. Das kann vorbildlich wie im Landkreis Main-Tauber geschehen, wo die Mitarbeiter des Landratsamtes einem mutmaßlichen „Reichsbürger“ die einmal ausgestellte Waffenbesitzkarte entzogen und ihn aufforderten, seine dort registrierte Pistole abzugeben oder nachweisbar unbrauchbar zu machen. Als der Mann dies ignorierte, schickte man das Spezialeinsatzkommando Baden-Württembergs los, um die Waffe zu beschlagnahmen. Bei dem Einsatz am 20. April 2022 schoss der Mann um sich und verletzte einen der Elitepolizisten schwer.

Dieser Einsatz zeigt beispielhaft auf, was wirklich in Sachen Waffen gefährlich ist. Unbemerkt hatte der Mann sich illegal bewaffnet: ein Maschinen-, drei Sturmgewehre, zwei Maschinenpistolen, weitere Pistolen, mehr als 5000 Schuss Munition. Auch in Reutlingen vor zwei Wochen, wo ein mutmaßlicher „Reichsbürger“ einen SEK-Beamten anschoss, fanden Ermittler ein Maschinengewehr und Handgranaten. Illegal erworbene Kriegswaffen, deren Besitz in Deutschland grundsätzlich verboten ist.

Die Polizei braucht endlich mehr Personal

Den Kampf gegen den illegalen Waffenhandel drängt. Er wird weder durch das bestehende noch durch künftiges Recht eingedämmt. Geschweige denn ausgetrocknet. Nicht nur „Reichsbürger“, auch Angehörige krimineller Clans, rechte wie linke sowie islamistisch movierte Terroristen und wer weiß noch alles decken sich nach Belieben mit Waffen ein.

Natürlich ist dieser Kampf mühselig. Er erfordert einen engen Informationsaustausch zwischen den deutschen Inlandsgeheimdiensten und der Polizei – ein Bereich in dem noch viel, viel zu verbessern ist. Es erfordert den intensiven Austausch zwischen kommunaler Verwaltung und Sicherheitsbehörden. Er erfordert mehr Schutzmänner und -frauen auf der Straße, Polizisten, die wissen, was in ihren Vierteln, Quartieren und Dörfern passiert, weil sie Zeit für ein Schwätzchen haben. Das ist nur dann zu schaffen, wenn man wirklich mehr Polizisten einstellt, als nur von der größten Einstellungsoffensive der Geschichte zu schwafeln.

Und schließlich müssen die Polizisten, die tagtäglich morgens in die Wohnungen von Drogendealern, „Reichsbürgern“, Autonomen eindringen, besser ausgestattet, besser ausgebildet, besser geschützt werden. Müssen SEKs und Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten auch personell verstärkt werden, wie es Deutsche Polizeigewerkschaft und die Gewerkschaft der Polizei in seltener Eintracht fordern. Das ist ein besseres Konzept, als auf Würgereiz zu setzen.