Der Bau- und Heimstättenverein will die Häuser in der Wagenburgstraße weiter abreißen lassen – trotz einer neuen Erhaltungssatzung der Stadt Stuttgart zum Schutz der Gebäude. Der Beginn des Neubauvorhabens ist für 2013 geplant.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Die Wortwahl wird ruppiger: Der Stadtrat Gangolf Stocker (SÖS) will jetzt sogar strafrechtliche Maßnahmen gegen den Bau- und Heimstättenverein Stuttgart prüfen lassen. Seit Monaten wird darüber gestritten, ob der Verein die nicht denkmalgeschützten Häuser in der Wagenburgstraße 149 bis 153 abreißen darf oder nicht. Sie stammen von dem bekannten Arbeiterarchitekt Karl Beer, der zu den Gründern des Bau- und Heimstättenvereins gehört hat. Die Mehrheit im Gemeinderat und der Bezirksbeirat Ost sind für den Erhalt der markanten Gebäude.

 

Erst vergangene Woche hat die Stadt Stuttgart, auf Antrag von Grünen, SPD und SÖS/Linke, gerade wegen dieses Streites die Erhaltungssatzung für den Osten erweitert: Der Abriss der Häuser in der Wagenburgstraße bedarf nun einer besonderen Genehmigung. Obwohl der Bau- und Heimstättenverein diese neue Rechtslage kannte, hat er wenig später allen Mietern geschrieben, dass sie bis Ende Dezember das Haus verlassen müssen: „Das Gebäude soll Anfang nächsten Jahres abgebrochen werden“, heißt es in dem Brief wörtlich.

Verein hält am Abriss Anfang nächsten Jahres fest

Für den SÖS-Stadtrat Stocker ist das ein Affront. „Das ist eine provokante Missachtung des Stuttgarter Stadtparlaments.“ Der Verein tue so, als gebe es die Erhaltungssatzung gar nicht.

Ulrich Goeser, der geschäftsführende Vorstand des Vereins, versteht die Aufregung nicht ganz. Mit einer solchen Satzung gälten nur erhöhte Anforderungen, um die Genehmigung für einen Abriss zu erhalten; dieser sei nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Im Moment laufen die Gesuche für Abriss und Neubau – falls die Stadt ablehnt, will der Verein eine Klage gegen die Stadt prüfen. „Im Moment gehen wir aber davon aus, dass der Termin Anfang 2013 bestehen bleibt“, so Goeser. Er hält eine Sanierung aus vielen Gründen für nicht möglich: Durch die notwendige Dämmauflage würde sich die Gestalt der Häuser grundsätzlich ändern; trotz hoher Kosten sei der Komfort der Wohnungen später eher gering; und vor allem müsste man dann Mieten verlangen, die nicht zur Klientel des Bau- und Heimstättenvereins passten.

Richtigen Ärger hat sich Goeser aber noch wegen eines anderen Punktes zugezogen. Im selben Brief schreibt der Verein nämlich den Mietern, dass künftig keine Instandhaltung in den Wohnungen mehr erfolge; und im Dezember werde überall das Wasser abgedreht, weil sonst die Gefahr bestehe, dass Leitungen bei großer Kälte platzten. Zwei Drittel der Wohnungen stünden bereits leer.

Mieterverein wirft Besitzer Spekulantenmethoden vor

Für Rolf Gaßmann, den Vorsitzenden des Mietervereins Stuttgart, ist diese Passage im Brief der eigentliche Skandal – so wolle man die verbliebenen Mieter quasi aus den Gebäuden rausekeln: „Das dürfte versuchte Nötigung sein“, sagte Gaßmann: „Solche Methoden wenden sonst nur Entmieter und Spekulanten an.“

Ulrich Goeser schüttelt auch darüber den Kopf. Es gebe keinen Mieter, der sich weigere auszuziehen – alle hätten schon mehrere Angebote erhalten, die Umzugskosten würden übernommen. „Das Verfahren findet in einer sehr freundlichen und partnerschaftlichen Art statt“, so Goeser.