Das Materialtheater bespielt vom 5. bis zum 7. März den neuen Projektraum der Wagenhallen – Neues Stück am 21. März im Figurentheater Fitz

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - Wer über viele Jahre an einem Ort lebt, bei dem sammeln sich meist allerlei Dinge an. Ob Möbelteile oder Deko oder irgendwelche sperrigen Sachen, die mit Erinnerungen verbunden sind: Bei Privathaushalten landet das gerne im Keller, auf dem Dachboden, in der Garage – wo halt Platz ist. In der Theaterwelt nennt man so was Fundus. Und der Raum dazu ist ein Lager. Und da kommt viel Abgelegtes zusammen bei einem Theater wie dem Stuttgarter Materialtheater, das nun schon seit mehr als 30 Jahren existiert und ständig neue Inszenierungen entwickelt.

 

Umzüge sind vorprogrammiert

Wobei der Vergleich mit Privathaushalten etwas schräg ist: Theater schaffen keinen Krempel oder Plunder, den man der Sentimentalität wegen nicht wegwerfen will. Theater machen Kunst, hier werden Requisiten und Bühnenbilder geschaffen. Und die Räume, in denen dies abgestellt wird, sollten dann schon schön groß sein, vor Feuchtigkeit geschützt, und viel kosten sollen sie auch nicht. Freilich, solche Räume gibt es nicht häufig; auf der Suche nach dem Ideal müssen schon einige Umzüge in Kauf genommen werden. Aber Umzüge sind auch immer eine gute Gelegenheit, mal kritisch zu überprüfen, was wirklich noch benötigt wird.

Andererseits: Mehr als 40 Produktionen hat das Materialtheater inzwischen erarbeitet, etwa zwölf davon sind im Repertoire, können jederzeit für Aufführungen abgerufen werden. Das ist sehr viel für ein freies Theater. Und so sind die Requisiten in dem Lager des Ensembles in der Container City bei den Wagenhallen auch keine Resterampe. Ist das auch der Grund, weshalb das Materialtheater in der Container City seit 2014 sehr gerne arbeitet, aber konkret auf solch einen Raumquader als Behausung verzichtet? Sigrun Kilger, Materialtheater-Frau der ersten Stunde: „Das ist schon sehr außergewöhnlich, dass es hier so zentrumsnah solch einen Ort der Kreativität gibt. Hier fühlen wir uns sehr wohl.“ Und das Wohlgefühl wird sich noch steigern, wenn noch in diesem Jahr die Atelierräume in einem Teil der denkmalgeschützten Halle frei werden. Denn: „In so ein Container-Blechding wollten wir nicht“, sagt Kilger.

Zentrumsnaher Ort der Kreativität

Mal wieder was Großes bewegen

Da passt es doch gut, dass Luigi Consalvo im Team vom Materialtheater ist. Seit etwa 20 Jahren macht er die Bühnenbilder für die Produktionen, doch der kann auch wesentlich größer denken. Kein Wunder, hat er doch zuvor schon Bühnenbilder für große Opern und für Filmsets entwickelt. Der Meister ist zufrieden: „Sonst muss ich immer klein-klein denken. Hier aber war mal wieder was Großes zu bewegen.“

Und so ist das Materialtheater-Haus eben etwas anders als die anderen in dem Kulturschutzgebiet: Ebenerdig, viel Platz für sperrige Teile, die gerne auch ziemlich hoch sein können, und dann quasi als erstes Obergeschoss eine Denkerstube mit Küche, Sitzecke, Arbeitstisch und allerlei handwerklichen Utensilien. Und Kilger ist auch zufrieden mit dem Geschaffenen: „Wir haben immer noch viel Lust darauf, neue Geschichten zu erzählen. Und das machen wir mit verschiedenen Mitteln: Mit vielen Kilo Buchweizenschrot in „Die Schöne und das Biest“, mit Projektionen in „Super acht“ oder mit einem Sprachenwirrwar in „Drei Affen“. Oder mit sehr alten Stabpuppen in „Puppen machen Lärm“.“

Selbstironisch und originell

Diese Bemühungen werden von der Stadt belohnt: Damit die Akteure nicht von Produktion zu Produktion neue Förderanträge stellen müssen, haben sie zunächst eine auf drei Jahre gewährte Konzeptförderung bekommen. Daraus wurden dann insgesamt fünf Konzeptförderungen, die heute in eine dauerhafte Unterstützung umgewandelt wurden. Dem Ensemble verschafft das Freiraum für künstlerische Aktivitäten: So arbeitet jetzt zuverlässig der Musiker Daniel Kartmann mit. Und der Regisseur Alberto Garcia Sanchez ist ein Garant für die einfallsreiche Erzählweise des Materialtheaters. Wie das aussehen kann, zeigt das Materialtheater am 5., 6. und 7. März jeweils um 20 Uhr in dem neu geschaffenen Projektraum der Wagenhallen, untergebracht im Kunstvereins-Flügel mit der Produktion „Frauen lügen aus ihrem Leben“. Dazu hieß es in der Kulturkritik unserer Zeitung: „Selbstironisch und originell. Lassen sich Lebenslügen von Frauen noch kurzweiliger zusammenfassen? – Ein Feuerwerk an außergewöhnlichen Spielideen und abgründigem Humor.“

Weiterhin bespielt wird das Figurentheater Fitz im Tagblatt-Turm-Areal. Dort wird vom 21. März bis zum 2. April die jüngste Produktion „Wuff – wer rettet die Welt“ aufgeführt: Zwei Vagabunden erfreuen sich ihres Daseins auf einer Parkbank und finden es auch gut, dass ein streunender Hund sich ihnen anschließen will. Doch was tun, als der was haben will von den eigenen Essensvorräten, als aus einem Hund zwei, drei und noch mehr werden, die was haben wollen?