Vor fünf Jahren wurden in Stuttgart 70 340 Anträge auf Briefwahl gestellt. Bis 26. Mai wird es einen neuen Rekord geben.

Stuttgart - Das Wahlamt der Landeshauptstadt stöhnt unter einer wachsenden Flut von Anträgen auf Briefwahl. Immer mehr Stuttgarter wollen sich durch den Urnengang am 26. Mai nicht für den Sonntag binden lassen und stellen einen Wahlscheinantrag, um die Unterlagen komplett nach Hause geschickt zu bekommen. Wer früh vor dem Wahltag verreist, den erreichen die Papiere aber womöglich nicht mehr rechtzeitig.

 

Bereits am 1. Mai, so eine Wählerin aus Möhringen, habe ihr Sohn online den Antrag auf Briefwahl gestellt, aber bis zu diesem Dienstag, also 14 Tage später, noch keine Unterlagen erhalten. Ein Anruf im Wahlamt habe wenig Hoffnung gemacht. Vor Freitag, so die Auskunft der Behörde, würden die Listen nicht zugestellt werden. Freitag wäre aber schon der zweite Urlaubstag des Sohnes.

Bis zu vier Tage bis zum Versand

„Wir benötigen drei bis vier Tage vom Eingang des Briefwahlantrags bis zum Postausgang“, sagt Michael Haußmann, im Statistikamt zuständig für Wahlen. Dazu komme der Postweg. „Ich hoffe da auf nur einen Tag, schließlich schicken wir voll bezahlte Briefe raus“, so der Abteilungsleiter. Postein- und Postausgang im Amt an einem Tag, „das kriegen wir nicht hin“, räumt Haußmann ein. Noch am 2. Mai hatte das Amt in einer Pressemitteilung erklärt, die Wahlscheine würden „in der Regel am Tag des Antragseingangs im Amt ausgestellt und versandt“. Dazu habe man 45 Aushilfen eingestellt.

In der vergangenen Woche habe man sehr viele Anträge erhalten; um sie abzuarbeiten, sei am Samstag eine Sonderschicht gefahren worden, sagt Haußmann, nun müsste die Antragskurve abflachen. Zur Kommunalwahl, bei der rund 450 000 Stuttgarter zur Stimmabgabe aufgerufen sind, waren bis Dienstag rund 74 000 Anträge auf Briefwahl eingegangen. Haußmann nimmt an, dass bis zum Wahlsonntag die Marke von 80 000 überschritten werden wird. Bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren waren es am Ende 70 340 Anträge gewesen.

Im Notfall: Das Wahltelefon

Wer seine Unterlagen wegen eines Urlaubs oder aus anderen Gründen dringend benötig, dem rät Haußmann zum Wahltelefon. Unter der Nummer 07 11 /216 - 9 22 33 würden Mitarbeiter versuchen, eine individuell passende Lösung zu finden. Wählen kann man per Brief ohne telefonische Absprache im Bürgerbüro in der Eberhardstraße 39 (ab 8 Uhr, nur donnerstags bis 18 Uhr) und in den Bezirksämtern des äußeren Stadtgebiets. Wer bereits einen Antrag auf Briefwahl gestellt, aber noch keine Unterlagen erhalten hat und zu den Bezirksämtern oder in die Eberhardstraße geht, muss eine Erklärung an Eides statt abgeben, dass er die Wahlunterlagen, die auf dem Postweg unterwegs sein könnten, nicht mehr einsetzt.

Der Gemeinderat hatte vor zwei Jahren die Aufwandsentschädigung für Wahlhelfer auf pauschal 66 Euro angehoben. Dennoch war es für das Statistische Amt in diesem Jahr schwerer als sonst, Helfer zu finden. „Viele Stammhelfer haben abgesagt, wir hatten noch nie so große Probleme“, sagt Haußmann. Inzwischen sehe es gut aus, man sei voll besetzt und habe auch eine Reserve bilden können.

66 Euro für jeden Wahlhelfer

Die Anforderungen sind hoch, die Arbeitszeit ist am 26. Mai nicht streng begrenzt. „Wir hoffen, dass wir bis 22.30 Uhr fertig sind, aber es kann bis Mitternacht gehen“, sagt Haußmann. Je fünf bis sechs Wahlhelfer werden an diesem Abend Europa- und Regionalwahl auszählen, außerdem werden die Stimmzettelergebnisse (unverändert abgegebene Stimmzettel) zur Kommunalwahl vorbereitet. Sie sollen am Montag bis um 16 Uhr vorliegen. Dafür werden 1500 Mitarbeiter an 500 Computern in sechs Ämtern im Einsatz sein. Am Dienstag, 28. Mai, soll bis 16 Uhr das vorläufige amtliche Endergebnis der Kommunalwahl vorliegen.