Beim Bezirksparteitag der CDU Nordbaden am Samstag ist Peter Hauk nicht automatisch der Favorit. Er tritt an gegen Brigitte Schäuble, die Witwe des früheren Rothauschefs. Angeblich mischt Stefan Mappus bei der Personalie auch mit ...

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Sinsheim - Der einstige Landeschef der Südwest-CDU dürfte zu den ersten Gratulanten des neuen nordbadischen CDU-Vorsitzenden gehören. Vier Stunden sind an diesem Samstag für den Bezirksparteitag in der Sinsheimer Stadthalle vorgesehen, bei dem der Nachfolger von Ex-Innenminister Heribert Rech gewählt werden soll. Dann, um 14 Uhr, folgt an gleicher Stelle eine öffentliche Veranstaltung mit Ex-Ministerpräsident und EU-Kommissar Günther Oettinger.

 

Wem Oettinger gratulieren kann, gilt als ziemlich offen. Sein einstiger Gefolgsmann, der Landtagsfraktionschef Peter Hauk (50), zeigt sich ebenso zuversichtlich wie dessen Gegenkandidatin Brigitte Schäuble (60), die Gaggenauer Bürgermeisterin und Witwe des früheren CDU-Innenministers und Rothaus-Chefs Thomas Schäuble. Noch vor drei Wochen sah es so aus, als wäre der Odenwälder Förster Hauk der einzige Bewerber, dann trat überraschend die Bauingenieurin Schäuble auf den Plan. Seither werben beide um die Gunst der Delegierten – in persönlichen Gesprächen und Telefonaten, in Briefen und diversen Interviews. Wer wie viele Anhänger mobilisieren konnte, lässt sich nur bedingt ausmachen, trotz des vermuteten Vorsprungs von Hauk bleibt der Bezirksparteitag ein Stück weit unkalkulierbar.

Eine in mancher Hinsicht ungleiche Konkurrenz

Peter Hauk gegen Brigitte Schäuble – das ist in mehrerlei Hinsicht eine ungleiche Konkurrenz. Ungleich ist schon das politische Gewicht, das sie auf die Waage bringen: Hauk gehört seit Jahren zum landespolitischen Spitzenpersonal der CDU, als Oppositionsführer im Landtag ist er automatisch mit im Blick, wenn es dereinst um die Spitzenkandidatur im Jahr 2016 geht. Schäuble sitzt zwar seit einigen Jahren im Landesvorstand, spielte dort aber keine tragende Rolle; nach den üblichen Kriterien gälte sie klar als Außenseiterin.

Aber womöglich gelten diesmal andere Kriterien. Vorbei sind die Zeiten, da die in Stuttgart Mächtigen einen Bezirk als Hausmacht haben – schon weil es in der Landeshauptstadt kaum noch herausragende CDU-Amtsträger gibt. Die drei anderen Bezirksverbände werden von jungen Bundestagsabgeordneten geführt, die wohl erst mittelfristig für höhere Aufgaben in Betracht kommen. Da scheint auch in Nordbaden die Zeit günstig, ein Signal zur Erneuerung zu setzen. „Wir müssen die Möglichkeit nutzen, dass zum ersten Mal seit 60 Jahren eine Frau einen Bezirk leiten könnte“, sagt die Karlsruher Landtagsabgeordnete Katrin Schütz als Mitinitiatorin von „Frauen im Fokus“. Den verbalen Bekenntnissen zur Frauenförderung könne die CDU nun Taten folgen lassen. Brigitte Schäuble bringe eine Menge mit, um die Partei für Frauen attraktiver zu machen.

Schäuble hat einen beeindruckenden Lebenslauf

Ihre Vita liest sich in der Tat eindrucksvoll. Mit 21 Jahren heiratete die Hotelierstochter Thomas Schäuble, zwanzig Jahre lang war sie Ehefrau, Mutter und Hausfrau. Dann, mit Anfang 40, holte sie die Fachhochschulreife nach und absolvierte ein Studium zur Diplom-Bauingenieurin. Nach sieben Jahren als Bauleiterin wechselte sie 2007 als Baubürgermeisterin ins Gaggenauer Rathaus, das ihr schon in ihrer Funktion als Gemeinderätin vertraut war. Seit 1994 saß sie als Stimmenkönigin im Kommunalparlament, später auch im Kreistag des Kreises Rastatt und im Kreis-, Bezirks- und Landesvorstand der CDU.

Mit ihrer Kandidatur will Schäuble „ein Signal dafür setzen, dass Männer und Frauen in der CDU die gleichen Chancen haben und sich auf Augenhöhe bewegen“. Zudem sei es gut, wenn auf der Bezirksebene nicht nur Abgeordnete aus Bund und Land, sondern „auch die kommunale Seite vertreten wäre“. Persönliche Ambitionen weist Schäuble weit von sich.

Viele vermuten einen Racheakt von Stefan Mappus

Gleichwohl wird in Teilen der Bezirkspartei gerätselt, ob es noch Motive neben den genannten gibt. Man könne ihre Kandidatur als konstruktiv betrachten, heißt es, aber auch als destruktiv. Zumindest einigen Unterstützern Schäubles – nicht zufällig Anhängern von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus – gehe es darum, dessen einstigen Kontrahenten Hauk dauerhaft zu beschädigen.

Ein Abgeordneter spricht sogar von der „letzten Schlacht des Stefan Mappus“. Doch das weist die Gaggenauerin als „Quatsch“ zurück. Sie lasse sich von niemandem instrumentalisieren, zu Mappus habe sie schon länger keinen Kontakt mehr gehabt – zuletzt bei der Beerdigung ihres Mannes.

Peter Hauk hat viel zu verlieren

Wahr ist, dass Hauk ungleich mehr zu verlieren hat als Schäuble. Eine Niederlage würde seine schon jetzt nicht unangefochtene Stellung als Fraktionschef der CDU fraglos destabilisieren. Schon wird spekuliert, dass die eigentlich erst im Frühjahr 2014 anstehende Wiederwahl dann vorgezogen werden könnte. Hauk bräuchte schon ein achtbares Ergebnis, um seine Chancen auf die Spitzenkandidatur zu wahren. Mit seiner breiten Vernetzung im Bezirk, meinen seine Anhänger, habe er dafür aber auch gute Chancen.

Offiziell geben sich beide Bewerber im Blick auf den Parteitag gelassen. In einem Doppelinterview verrieten sie kürzlich schon einmal, was sie sich für den Abend vorgenommen haben. Schäuble will mit Kindern und Enkeln grillen und „hoffentlich“ ihre Wahl zur Bezirkschefin feiern. Hauk hat einen „Termin im Wahlkreis“ und geht „dorthin, wo ich am liebsten bin: nah bei den Menschen“.