Friedrich Merz, der frühere Chef der Unionsfraktion, hat einen vielbeachteten Blitzstart als Kandidat für den CDU-Vorsitz. Über seine tatsächlichen Chancen sagt dies aber nichts aus – der Merz-Hype kann rasch wieder vorüber sein, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Angela Merkel hat den Vorhang weggerissen. Was bisher hinter den Kulissen betrieben wurde, findet jetzt auf offener Bühne statt: ein engagierter Austausch über die Erneuerung der CDU-Spitze. Der Kanzlerwahlverein kann auch Meinungsvielfalt. Sogar eine Urwahl wird erwogen. Die Mitglieder entscheiden zu lassen wäre ein Mittel gegen die Parteienverdrossenheit. Doch die Zeit ist knapp bis zum Parteitag am 7. Dezember, und die rechtlichen Hürden sind wohl zu hoch.

 

Merz als CDU-Chef wäre ein Geschenk für die SPD

Die rege Kontroverse hat viel mit Friedrich Merz zu tun. Seine Selbsteinwechslung von der Tribüne wirkt beflügelnd auf die Wertkonservativen und wirtschaftsnahen Kreise, denen die CDU zu sozialdemokratisch geworden ist. Die große Aufmerksamkeit für den Blitzstart sagt aber ebenso wenig über seine Chancen aus wie sein selbstbewusster Auftritt in Berlin. Sein Verhältnis zu Merkel bleibt trotz seiner beschwichtigenden Worte hochgradig belastet, und seine Antworten auf Fragen der Zeit sind teils vage bis überholt, sodass jüngere Konservative eher zu Jens Spahn tendieren. Und auch wenn er seine Rolle in der Finanzwirtschaft kleinzureden versucht: Als Vertreter des Großkapitals wäre Merz ein Geschenk für die SPD. Will die CDU eine Modernisierung oder ein Revirement der Merkel-Politik? Darüber wird sie sich jetzt noch heftig auseinandersetzen.