Bei der Oberbürgermeisterwahl am Sonntag in Calw treten die zwei Kandidaten Johann Malcher und Ralf Eggert an. Wer macht das Rennen?

Stuttgart - Der Wahlsonntag in Calw naht. Die beiden Bewerber, die den scheidenden Amtsinhaber Manfred Dunst (57) als Oberbürgermeister ablösen wollen, geben noch einmal alles im Endspurt. Doch noch immer sind viele der rund 16.200 wahlberechtigten Bürger unentschlossen. "Ich hätte mir einen dritten Kandidaten gewünscht", sagt eine Frau. Sie traut beiden Bewerbern trotz ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten und Profile die Aufgabe zu. Doch ein Funke sei nicht übergesprungen, wem man nach den Wahlkampfreden tatsächlich das Vertrauen schenken könne.

 

Der eine Kandidat ist Johann Malcher, 47 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Töchter. Der promovierte Verwaltungswissenschaftler aus dem bayerisch-schwäbischen Memmingen berät seit 1997 mit seiner in Potsdam gegründeten Dr. Malcher Unternehmensberatung Kommunen und Ministerien. Die Aufgabe, als Oberbürgermeister die Zukunft einer Stadt entscheidend zu gestalten, reize ihn sehr, begründete Malcher sein Interesse, wohl wissend, dass die anstehende Haushaltskonsolidierung angesichts der finanziell angespannten Lage der Stadt keine leichte Aufgabe werde. "Als Oberbürgermeister braucht man einen längeren Atem", sagt der Berater. Seine Aufgaben für Kommunen waren bisher nach Analyse und Maßnahmenvorschläge beendet. Prompt wird Malcher nun von interessierten Kreisen als "Theoretiker" und "Quereinsteiger" gehandelt.

Eggert  ist in "Bücherei-Affäre" verwickelt

Als Mann der Praxis hingegen verkauft sich der 41 Jahre alte Ralf Eggert. Er ist Bürgermeister der rund 12.500 Einwohner zählenden Stadt Gaildorf und sitzt für die CDU in Schwäbisch Hall im Kreistag. Der gebürtige Gmünder hatte nach seiner Lehre als Maschinenschlosser an der Fachhochschule Ludwigsburg den Abschluss als Diplomverwaltungswirt (FH) gemacht. Erst im vergangenen Jahr war er für eine zweite Amtszeit in Gaildorf wiedergewählt worden. Dass er sich dennoch auf den Chefsessel im mit knapp 24.000 Einwohnern fast doppelten so großen Calw bewirbt, begründet Eggert damit, dass "die Stadt attraktiv sei, egal wann er wiedergewählt würde". Er wolle jetzt die Weichen für seine berufliche Zukunft neu stellen.

Doch zunächst holte Eggert erst einmal die Vergangenheit ein. Kurz nach seiner Bewerbung kam eine "Bücherei-Affäre" hoch, die den Gaildorfer Bürgermeister sogar ins Fernsehen brachte. Ihm machte eine Mobilfunkinitiative das Leben schwer. Als er entdeckte, dass in der Stadtbücherei mobilfunkkritische Werke zu finden waren, nicht jedoch solche, die dem Thema positiv gegenüberstanden, ließ er diese kurzerhand entfernen. Zumal die Leiterin der Bücherei auch stellvertretende Vorsitzende der Antimobilfunk-Initiative ist, lag für ihn der Verdacht der Einflussnahme nahe. Jetzt hat die Bücherei, einmalig bundesweit, eine Präambel in der Benutzungsordnung. Demnach müssen Bücher über gesellschaftlich umstrittene Themen wie Mobilfunk, Gentechnik, Atomkraft in gleicher Anzahl pro und kontra vorhanden, in gleicher Lage zu finden sein und gleich beworben werden. Eggert ist ein "bisschen stolz, in Gaildorf damit wieder die Meinungsvielfalt hergestellt" zu haben.

Beide versprechen Transparenz

Bei manchen Calwern kann der Kandidat mit dieser Geschichte punkten. Andere wiederum sind alarmiert. Sie sprechen von "Zensur" und befürchten, mit Eggert handle man sich einen Nachfolger im Geiste des scheidenden Oberbürgermeister Manfred Dunst ein. Der hatte mehrfach kritische Leserbriefschreiber persönlich angegangen.

Die Unzufriedenheit vieler Calwer mit dem Amtsinhaber und auch mit den als "Kungelrunden" geschmähten Vorbesprechungen vieler kommunalpolitischer Themen im Ältestenrat des Gemeinderats oder mit den vielen nichtöffentlichen Sitzungen haben beide Kandidaten schnell erfasst. "Transparenz" versprechen denn auch beide. Während Malcher den Ältestenrat beibehalten und dort, aufgabengemäß wie überall üblich, die Tagesordnungen für die nächsten Sitzungen abstimmen will, verkündet der Bürgermeister Eggert, dass er das Gremium ganz einfach abschaffen werde. Da dies sein Wahlversprechen sei, könnte im Falle seiner Kür der Gemeinderat den damit dokumentierten Bürgerwillen nicht ignorieren und müsste zustimmen.

Malcher ist für Calwer Räte nicht so kalkulierbar

Trotz dieser flotten Sprüche von Eggert regt sich beim Kommunalparlament kein Widerspruch. Offensichtlich glauben viele Stadträte, mit dessen als "kumpelhaft" beschriebener Umgangsweise - "der schwätzt schwäbisch" - besser klarzukommen als mit der sachlichen Art und Weise des promovierten Verwaltungswissenschaftlers. Malcher ist für die Calwer Räte wohl nicht so kalkulierbar.

So wird denn die heiße Phase des Wahlkampfs zum Schluss noch eine schmutzige, in der auch so manches Ratsmitglied mitmischt. Gerüchte werden gestreut, beide Kandidaten madig gemacht. Malcher muss Gerüchten entgegentreten, dass er das Amt nur anstrebe, weil seine Firma pleite sei. Auch habe er sich schon erfolglos in Sindelfingen als Finanzbürgermeister beworben. Eggert hingegen wird als Populist geschmäht, der viel verspreche und den Leuten erzähle, was diese hören wollten. Am Sonntag wird sich zeigen, wem die Calwer ihr Vertrauen schenken.