Kurz vor der Stichwahl am Sonntag ist Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron Opfer eines Hackerangriffs geworden. Etliche vertrauliche Dokumente wurden ins Netz gestellt.

Paris - Der französische Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron ist kurz vor der Stichwahl Opfer eines großangelegten Hackerangriffs geworden. In der Nacht zum Samstag wurden zehntausende interne Dokumente wie E-Mails und Abrechnungen seiner Bewegung „En Marche!“ im Internet veröffentlicht. Es handele sich um eine „massive und koordinierte Attacke“ um „Zweifel und Desinformation zu säen“, erklärte „En Marche!“. Neben echten Unterlagen seien auch zahlreiche gefälschte Dokumente ins Internet gestellt worden.

 

Die am Freitag kurz vor Mitternacht im Netz verbreiteten Dokumente seien vor einigen Wochen bei Attacken auf persönliche und berufliche E-Mail-Postfächer von Mitarbeitern erbeutet worden, erklärte die Macron-Bewegung. Dass dies ausgerechnet in den letzten Stunden des Wahlkampfs vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl am Sonntag geschehen sei deute darauf hin, dass es sich um eine Aktion der „demokratischen Destabilisierung handelt, wie man dies schon beim jüngsten Präsidentschaftswahlkampf in den USA gesehen hat“. Ziel der Aktion sei es ganz offensichtlich, wenige Stunden vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl Macron und seiner Bewegung zu schaden, hieß es aus dem Umfeld des Kandidaten.

Wahlkommission warnt vor Veröffentlichung der Dokumente

Die französische Wahlkommission warnte die Medien vor einer Veröffentlichung der gehackten Unterlagen. Die Weiterverbreitung von Falschinformationen sei strafbar, erklärte die Wahlkommission. Ein Teil der im Internet aufgetauchten Unterlagen sei möglicherweise gefälscht. Das Gremium wollte bei einer Sitzung am Samstag über den Hackerangriff beraten. Laut der Online-Enthüllungsplattform WikiLeaks handelt es sich bei den ins Internet gestellten Dokumenten um zehntausende E-Mails, Fotos und Dateianhänge wie Rechnungen und Verträge. Die Daten haben demnach einen Umfang von neun Gigabyte. WikiLeaks betonte, selbst nicht Quelle der Veröffentlichung zu sein. Die Dokumente waren von einem Nutzer namens EMLEAKS ins Netz gestellt worden. Die jüngsten Dokumente datierten laut WikiLeaks vom 24. April, dem Tag nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl, aus der Macron als Sieger hervorgegangen war.

In der Stichwahl am Sonntag tritt er als Favorit gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen an. „En Marche“ betonte, bei den veröffentlichten Dokumenten handele es sich um vollkommen legale Unterlagen, die den normalen Ablauf eines Präsidentschaftswahlkampfes widerspiegelten. Der Vize-Chef von Le Pens Partei Front National, Florian Philippot, stellte dagegen auf Twitter die Frage: „Werden die #Macronleaks uns etwas verraten, was der Investigativjournalismus absichtlich verschwiegen hat? Fürchterlich, dieser demokratische Schiffbruch.“

Le Pen hatte beim TV-Duell mit Macron am Mittwochabend angedeutet, ihr Rivale könnte ein heimliches Auslandskonto besitzen: „Ich hoffe, dass man nicht herausfinden wird, dass Sie ein Offshore-Konto auf den Bahamas haben.“ Macron warf ihr Verleumdung vor und erstattete Anzeige gegen Unbekannt wegen Verbreitung von Falschnachrichten. Nach Angaben aus Macrons Umfeld war die „Fake News“ über das angebliche Geheimkonto von einem anonymen Nutzer im Internet verbreitet worden. Bereits in den vergangenen Monaten war „En Marche!“ nach eigenen Angaben Ziel tausender Hackerangriffe gewesen.

Vor wenigen Tagen hatten Experten einen russischen Hackerangriff der Gruppe Pawn Storm auf die Bewegung gemeldet. Die Gruppe soll auch für frühere Angriffe auf die US-Demokratin Hillary Clinton und die CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel verantwortlich sein. Pawn Storm wird verdächtigt, Verbindungen zu den russischen Geheimdiensten zu unterhalten. Die französische Regierung hatte wiederholt vor einer russischen Einmischung in den Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich gewarnt. Sie verdächtigte Moskau, die Wahl zugunsten der Rechtspopulistin Marine Le Pen beeinflussen zu wollen, die als russlandfreundlich gilt. Macron gilt als Favorit bei der entscheidenden Wahlrunde am Sonntag. Laut den letzten Umfragen vom Freitag kann er mit rund 62 Prozent der Stimmen rechnen, Le Pen mit rund 38 Prozent.