Der Migrationsgegner Sebastian Kurz gewinnt die Wahlen in Österreich. Viele, die sich schämen, die rechte FPÖ zu wählen, wählten Sebastian Kurz, kommentiert unsere Korrespondentin Adelheid Wölfl.

Wien - Die Machtübernahme des 31-jährigen Sebastian Kurz fand bereits Wochen vor der Wahl statt. Er gestaltete die österreichische Innenpolitik eigentlich schon seit Mai. Und er wirkte dabei so, als hätte er bereits die Mehrheit hinter sich. Scharen von jungen Leuten, die plötzlich türkisfarbene T-Shirts anzogen, feierten den Polit-Star als Heilsbringer für Österreich. Die Gelassenheit des jungen Mannes war bemerkenswert, seine Höflichkeit kam überall gut an. Sie verdeckte auch die mitunter harten Pläne.

 

Während Kurz nach außen mit seinem Charme punktete, nahm er gleichzeitig die eigene Partei so stark an die Kandare wie keiner zuvor. Er schwächte den Einfluss der Landesverbände deutlich. Der Mann, der nun davorsteht, der jüngste Kanzler der Republik zu werden, will alte und traditionelle Strukturen aufbrechen. Seine Pläne zur Reform der Sozialsysteme erregen auch in seiner eigenen Partei Stirnrunzeln. Doch Kurz kann mit dem guten Abschneiden nun auch parteiintern durchregieren.

In seine Jugend wird nur Positives hineininterpretiert

Versprochen hat er auch, die Steuern zu senken und die Situation für Unternehmer und für den Mittelstand zu verbessern. Dass der Außenminister überhaupt keine wirtschaftspolitische Erfahrung hat, wurde hingenommen. In seine Jugend wurde praktisch nur Positives hineininterpretiert. Gewonnen hat er die Wahlen jedoch mit seiner harten Flüchtlingspolitik. Vor allem hier kopierte Kurz viele Themen des FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache. Das Thema dominierte den Wahlkampf und rückte in die Mitte der Gesellschaft.

Viele, die sich schämen, FPÖ zu wählen, wählten Sebastian Kurz. Er gilt schließlich als höflicher und eleganter als Heinz-Christian Strache. Vielleicht hätte Kurz die Wahl auch ohne die Flüchtlingskrise 2015 gewonnen. Doch das „Ausländerthema“ prägt Wahlen in Österreich schon seit 30 Jahren, als Jörg Haider die FPÖ übernahm und die Freiheitlichen als die ersten Rechtspopulisten Europas aufstiegen.

Zusammenarbeit von Sozialdemokraten und Freiheitlichen unter Kern undenkbar

Der Wahlsieg von Kurz macht eine Koalition mit den Freiheitlichen wahrscheinlich. Prinzipiell sind drei Koalitionen möglich: Schwarz-Blau, eine Kooperation zwischen der FPÖ und der SPÖ oder eine Neuauflage einer Regierung von Schwarzen und Roten. Letzteres ginge aber nur, wenn Christian Kern den Vorsitz der SPÖ nach nur eineinhalb Jahren wieder räumt. Denn er und Kurz sind sich spinnefeind. Doch weil die SPÖ besser als erwartet abgeschnitten hat, ist nicht damit zu rechnen, dass Kern die Parteiführung aufgibt. Auch eine Zusammenarbeit von Sozialdemokraten und Freiheitlichen ist unter Kern kaum denkbar. Sie würde viele treue SPÖ-Wähler vergraulen. Kerns SPÖ könnte in der Opposition – ähnlich wie die SPD nun in Deutschland – zu einer interessanten treibenden Kraft in Österreich werden. Vieles hängt nun davon ab, wie hoch der Preis ist, den die ÖVP bereit ist an die FPÖ für eine Regierungskoalition zu bezahlen. Der FPÖ-Chef Strache wird wohl Vizekanzler werden. Er fordert aber für die Partei das Innenministerium und für sich selbst das Außenministerium.