Selten ist eine Wahl in Österreich so spannend gewesen wie jetzt – kurz nach dem Ibiza-Skandal. Doch bei der Abstimmung zum Europaparlament hat die FPÖ sich überraschend gut geschlagen.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Wien - In wohl keinem anderen Land waren die Prognosen so unklar wie in Österreich. „Alles, was wir bisher erhoben haben, können wir wegschmeißen“, sagte ein Wahlforscher zehn Tage vor dem Urnengang. Da kam das Ibiza-Video an die Öffentlichkeit, in dessen Folge sich die ÖVP-FPÖ-Koalition aus der Regierung verabschiedete. „Wir wissen nicht einmal, ob das Video und seine Folgen die Wähler aus Frust zu Hause bleiben lassen oder grade mobilisieren“, so die Forscher.

 

Die Menschen sind nicht zu Hause geblieben. Deutlich mehr als die 45 Prozent bei der letzten Europawahl strebten an diesem Sonntag zu den Wahlurnen – und gaben ein überzeugendes Votum für die ÖVP ab, deren Kanzler Sebastian Kurz sich am Montag einem Misstrauensantrag im Parlament stellen muss. Mit deutlich mehr als 34 Prozent wurden die Blauen stärkste Kraft, ein Zugewinn gegenüber der letzten Europawahl von mehr als sieben Prozentpunkten. Die FPÖ verlor zwar mehr als zwei Prozentpunkte und landete hinter der SPÖ auf Rang drei. Angesichts der Aufwallungen, die das Video um Vizekanzler Heinz-Christian Strache verursacht hatte, sind die Freiheitlichen allerdings mit einem nur sehr leicht angebläuten Auge davon gekommen. Mit Blick auf die Nationalratswahlen im September kündigte die Partei die „größte Wählerzurückholaktion der Geschichte“ an.

Was machen die Sozialdemokraten beim Misstrauensvotum?

Auch die Sozialdemokraten mussten leichte Verluste gegenüber 2014 hinnehmen. Das Abschneiden der SPÖ ist das wohl beachtlichste Ergebnis. Der größten Oppositionspartei gelang es nicht, eine Woche nach dem seit Jahren größten Skandal im Land mit dem Chef einer der beiden Regierungsparteien und dem Scheitern der gesamten Regierung Stimmen zu gewinnen. Das eigene Ergebnis – und das gute Abschneiden der Kurz-Partei – macht es der SPÖ nicht leichter, nun einem Misstrauensantrag gegen die Kanzler-Partei zuzustimmen.

Die Neos, eine liberale Partei, erreichten mit acht Prozent in etwa das Ergebnis der vergangenen Europawahl, die Grünen schnitten mit rund 13 Prozent minimal schwächer ab als 2014.