Das südamerikanische Krisenland Venezuela steht nach 16 Jahren Sozialismus vor einem Richtungswechsel. Die Nachfolger von Hugo Chávez haben das Erbe ihres charismatischen Führers verspielt, kommentiert StZ-Korrespondent Wolfgang Kunath.

Caracas - Mit Hugo Chávez sei auch das revolutionäre Projekt in Venezuela gestorben, soll Fidel Castro beim Tod des venezolanischen Freundes gesagt haben. Jetzt zeigt sich, wie recht er gehabt hat. Selten hat eine Niederlage mehr das Adjektiv „vernichtend“ verdient als die, die der Chavismus hat einstecken müssen. Die Versuche, durch geradezu magische Beschwörung des messianisch verehrten Toten die Sympathien des Wählers auf das Regierungslager zu übertragen, sind kläglich an der Realität gescheitert – vor allem an der verheerenden Wirtschaftslage.

 

Dass sich der Chavismus als Gesellschaftsmodell jemals wieder von diesem Schlag erholt, ist unwahrscheinlich. Wie konfliktreich die Koexistenz von chavistischer Regierung und antichavistischer Parlamentsmehrheit auch immer sein wird – die Zeichen stehen auf Wende. Das bedeutet eine Herkulesarbeit: die marode Wirtschaft ins Lot bringen, die irrwitzige Kriminalität bekämpfen, die sozialen Errungenschaften für die Unterschicht gewährleisten. Ob Präsident Maduro am Ende politisch überlebt, ist fraglich. Nötig wäre ein Moderater, der in der Opposition nicht nur konterrevolutionäre Teufelei sieht, sondern mit ihr leidenschaftslos das Nötige bewirkt. Allerdings sind die Sieger ein ziemlich wirrer Haufen aus links und rechts, der nur durch Antichavismus geeint ist.