Bei der Wahl zum Rektor des Jahres rangierte er meist im hinteren Drittel. Dieses mal ist der Chef der Uni Stuttgart, Wolfram Ressel, ganz aus der Wertung gefallen. Die Gründe dafür sind nicht gerade rühmlich.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Wenn der Deutsche Hochschulverband (DHV) alljährlich den „Rektor des Jahres“ bekannt gibt, fallen die Reaktionen in Stuttgart gemischt aus. Oben in Hohenheim wird dann gejubelt, weil der dortige Unirektor Stephan Dabbert bei der Wahl meist ganz vorne rangiert. Mal liegt er wie im Jahr 2016 auf Platz eins, mal wie in diesem Jahr haarscharf auf Platz zwei. Seine Noten, zuletzt 1,51, sind jeweils deutlich besser als der Durchschnitt von 2,67, was in etwa „befriedigend plus“ bedeutet.

 

Unten an der Uni Stuttgart hingegen wird leise gegrummelt, weil Rektor Wolfram Ressel in der Regel nur das hintere Drittel erreicht; statt individueller Noten wird dort nur noch die – mäßige – Notenspanne genannt. Dieses Jahr findet sich Ressel aber überraschend gar nicht mehr in der Übersicht. Weil sich an seiner Hochschule nicht genügend DHV-Mitglieder an dem Votum beteiligt haben, ist er ganz aus der Wertung herausgefallen. Gerade mal drei von 322 Stimmberechtigten haben ihn nach Angaben eines Verbandssprechers benotet; die Mindestzahl liegt freilich bei 30. „Leider kommt es immer wieder auch an großen Hochschulstandorten vor, dass das Quorum nicht erreicht wird“, sagt der Sprecher bedauernd.

Ein Signal vor der Wahl?

Nur knapp jeder Hundertste hält den Rektor überhaupt einer Bewertung für würdig – vor der Neuwahl Ende Mai, bei der Ressel sich eines ernsthaften Herausforderers erwehren muss, lässt das aufhorchen. Kann das als Misstrauensvotum gewertet werden? Oder hat es möglicherweise ganz andere Gründe? Ein Mitglied habe vor der Wahl moniert, er habe den Abstimmungsaufruf per Mail nicht erhalten, sagt der Verbandssprecher; zwei weitere hätten dies erst hinterher mitgeteilt. Von sonstigen Problemen wisse man nichts.

Auch ein Uni-Sprecher sagt, im fraglichen Zeitraum habe es „keine technischen Probleme“ mit den E-Mail-Accounts gegeben. Schon die Frage, ob die Wahlaufrufe womöglich aus Versehen nicht weitergeleitet wurden, quittiert er mit „Befremden“: „Eine solche Vermutung weisen wir mit Nachdruck zurück“, sagt der Sprecher. Was die Wahl für Ressel bedeutet, wollte er nicht kommentieren. Die Beteiligung unter den Wissenschaftlern sei „generell niedrig“: Bundesweit hätten von 31 000 Verbandsmitgliedern gerade mal 2860 abgestimmt. Nicht nur für die Uni Stuttgart müssten „Bewertungen zur Systematik und Aussagekraft“ des Rankings daher „vage bleiben“, auch angesichts der „Imponderabilität von Motiven und Meinungen“.

Zweifel an der Aussagekraft

Ist der Titel „Rektor des Jahres“ also so wenig wert wie der als „Minister des Jahres“, mit dem sich die Grüne Theresia Bauer (Wissenschaft, Forschung und Kunst) schon dreimal schmücken durfte? Der Hochschulverband hält das Ranking für wissenschaftlich fundiert: Zuständig für die Leitung und die Durchführung sei das Zentrum für Evaluation und Methoden der Universität Bonn.

Auch die Feier lässt sich der Verband von Kritik nicht vermiesen: Vergeben werden die Titel am Dienstag, 3. April, im Rahmen der „Gala der deutschen Wissenschaft“ in Berlin, am Vorabend des alljährlichen DHV-Tags.