Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Schnitt. Im Stuttgarter Norden mag die SPD noch stark sein, in anderen Teilen der Stadt ist sie eher eine Randerscheinung als politisch stärkste Kraft. Am schlechtesten fiel das Ergebnis der Genossen bei der letzten Kommunalwahl im Stadtteil Lenzhalde aus. Klassische Stuttgarter Halbhöhe. Hier stehen Villen, die von Anwaltskanzleien, Arztpraxen, dem spanischen und italienischen Konsulat oder schlicht von wohlhabenden Bürgern bewohnt werden. 2009 kam die SPD hier auf exakt zehn Prozent Stimmenanteil. Das ist etwa halb so viel wie die FDP und nur etwas mehr als ein Drittel des Ergebnisses von CDU und Grünen.

 

Beim Spaziergang durch die Lenzhalde, die sich mitten durch den gleichnamigen Stadtteil vom Herdweg bergan bis zum Kräherwald schlängelt, fallen zwei Dinge auf: zum einen ein paar K-21-Fahnen in den Hauseingängen. Zum anderen: keine SPD-Plakate. Die AfD hat fleißig gehängt, Grüne und Linkspartei auch. Nur von den Genossen hängt kein einziges Plakat hier.

„Über ein Ergebnis von zehn Prozent muss man sich aufregen“, sagt Sevil Kölbel, die ehemalige SPD-Ortsvereinvorsitzende in Stuttgart-Nord. Warum das schlechte Ergebnis? „Der Stadtteil ist grün angehaucht, und wir hatten damals das Problem Stuttgart 21“, meint die Sozialdemokratin. Kölbel arbeitet beim „Infoladen Stuttgart 21“ mit, der das Projekt „kritisch-konstruktiv begleiten“ möchte. Mittlerweile ist sie nicht mehr SPD-Ortsvereinsvorsitzende, weiß aber, dass man „wie alle anderen“ mit einem Stand vor dem Ladenzentrum am Herdweg und in der Helfferichstraße vertreten war.

Einfach mal machen

Zurück in Stuttgart-Neuwirtshaus. „Beim Wahlkampf gibt es so viele Analysen. Ich bin eher dafür, einfach mal zu machen“, sagt Martin Körner. Er sagt auch, dass man schon ganz bewusst in den Gegenden um Stimmen kämpfe, wo man sich etwas davon erhoffe. Im Umkehrschluss heißt das, dass die SPD Stadtteile wie Lenzhalde offenbar aufgegeben hat. Aber so sagt das Körner natürlich nicht.

Warum Neuwirtshaus? Mit Tobias Haubensak hat Körner hier einen ortskundigen Begleiter, der sich auskennt und wiedererkannt wird. Der zweite Grund: Die Stuttgarter SPD überlegt sich genau, wo sie Wahlkampf macht und wie. Maximaler Ertrag mit möglichst geringem Aufwand.

Man muss dann aber doch fragen, warum die SPD ausgerechnet im Norden, ausgerechnet in Neuwirtshaus eine Stunde ihres Spitzenkandidaten investiert. Für sie ist das Wiesle hier nämlich so gemäht wie die Rasenflächen der Neuwirtshäuser Vorgärten. Bei der letzten Kommunalwahl hat die Stuttgarter SPD im Stadtteil Neuwirtshaus ihr bestes Ergebnis eingefahren, wie die Daten des Wahlatlas Stuttgart zeigen. Auf 27,2 Prozent kamen sie hier, im Norden Stuttgarts. In der Gesamtstadt waren es 17 Prozent. Es gibt in Stuttgart weniger einen roten Osten als vielmehr einen roten Norden.

Martin Körner holt also sein SPD-Heftchen aus dem Kofferraum und spaziert mit Tobias Haubensak durch besagte Wohnstraße in der SPD-Hochburg Neuwirtshaus. Von Haustür zu Haustür ziehen die beiden, fangen bei der Hausnummer 2 an und können bis zur Hausnummer 24 gerade eine SPD-Zeitung verteilen. Kaum jemand ist an diesem Freitagnachmittag daheim. Und da wo niemand aufmacht, hängt Tobias Haubensak ein Schild an die Türklinke – eins von der „Bitte nicht stören“-Art, wie man sie an Hotelzimmertüren hängt. Auf den SPD-Türanhängern steht: Wir waren da, bitte gehen sie am 25. Mai wählen.

Warum ist die SPD in Neuwirtshaus so erfolgreich? „Wir sind hier sehr präsent, als Kümmerer“, sagt Tobias Haubensak. In der Siedlergemeinschaft leben kleine Familien, SPD-Bürgertum mit Häusle, Stammwähler eben.

Martin Körner weiß, dass er beim Hautürwahlkampf die Politik in den privaten Raum der Leute trägt. Er ist deshalb so zurückhaltend wie nur möglich. Beim Klingeln wartet er stets am Fuß der Treppe zur Haustür. Wenn jemand aufmacht, sagt er stets „Grüß Gott, Körner mein Name, von der Stuttgarter SPD. Ich möchte Sie bitten am 25. Mai zur Wahl zu gehen“. Es ist immer derselbe Spruch, hundertfach aufgesagt, er käme Körner wohl genau so über die Lippen, wenn man ihn nachts um drei aufwecken würde. Der SPD-Spitzenkandidat glaubt, dass die Bitte, zur Wahl zu gehen, besser ankommt als direkt für die Genossen zu werben.

Wo die SPD nur eine Randerscheinung ist

Schnitt. Im Stuttgarter Norden mag die SPD noch stark sein, in anderen Teilen der Stadt ist sie eher eine Randerscheinung als politisch stärkste Kraft. Am schlechtesten fiel das Ergebnis der Genossen bei der letzten Kommunalwahl im Stadtteil Lenzhalde aus. Klassische Stuttgarter Halbhöhe. Hier stehen Villen, die von Anwaltskanzleien, Arztpraxen, dem spanischen und italienischen Konsulat oder schlicht von wohlhabenden Bürgern bewohnt werden. 2009 kam die SPD hier auf exakt zehn Prozent Stimmenanteil. Das ist etwa halb so viel wie die FDP und nur etwas mehr als ein Drittel des Ergebnisses von CDU und Grünen.

Beim Spaziergang durch die Lenzhalde, die sich mitten durch den gleichnamigen Stadtteil vom Herdweg bergan bis zum Kräherwald schlängelt, fallen zwei Dinge auf: zum einen ein paar K-21-Fahnen in den Hauseingängen. Zum anderen: keine SPD-Plakate. Die AfD hat fleißig gehängt, Grüne und Linkspartei auch. Nur von den Genossen hängt kein einziges Plakat hier.

„Über ein Ergebnis von zehn Prozent muss man sich aufregen“, sagt Sevil Kölbel, die ehemalige SPD-Ortsvereinvorsitzende in Stuttgart-Nord. Warum das schlechte Ergebnis? „Der Stadtteil ist grün angehaucht, und wir hatten damals das Problem Stuttgart 21“, meint die Sozialdemokratin. Kölbel arbeitet beim „Infoladen Stuttgart 21“ mit, der das Projekt „kritisch-konstruktiv begleiten“ möchte. Mittlerweile ist sie nicht mehr SPD-Ortsvereinsvorsitzende, weiß aber, dass man „wie alle anderen“ mit einem Stand vor dem Ladenzentrum am Herdweg und in der Helfferichstraße vertreten war.

Einfach mal machen

Zurück in Stuttgart-Neuwirtshaus. „Beim Wahlkampf gibt es so viele Analysen. Ich bin eher dafür, einfach mal zu machen“, sagt Martin Körner. Er sagt auch, dass man schon ganz bewusst in den Gegenden um Stimmen kämpfe, wo man sich etwas davon erhoffe. Im Umkehrschluss heißt das, dass die SPD Stadtteile wie Lenzhalde offenbar aufgegeben hat. Aber so sagt das Körner natürlich nicht.

In Neuwirtshaus ist die Taktik, die Stammwähler zu mobilisieren. „Da, wo man es richtig macht, nutzt es auch“, glaubt Körner. Die wenigen Bewohner der Vorgartenhäusle, die der SPD-Kandidat antrifft, betonen, dass sie natürlich zur Wahl gehen würden und natürlich bei der SPD ihr Kreuzchen machten. Ein Kind skandiert vom Balkon herab „Es-Pe-De!“

Nur ein älteres Ehepaar ist diskussionsfreudig. „Die SPD isch nemme des“, sagt der Mann des Hauses. Martin Körner hört mit lässig-freundlichem Blick zu, man nennt ein paar Namen von SPD-Granden aus den letzten sechs Jahrzehnten und nach ein paar Minuten verabschiedet sich Körner mit den Worten „Wählen Sie SPD; Sie machen keinen Fehler.“ Wird dieser Mann trotz seiner Zweifel auch dieses Mal sein Kreuz bei den Genossen machen? „Na klar“, sagt Körner, als er durchs Gartentor tritt, „das sitzt tief.“

Nach einer knappen Stunde ist Körner mit dieser Straße durch. Er hat an 36 Klingeln geklingelt und vielleicht zehn Mal seinen Spruch aufgesagt. „Ich sehe den Haustürwahlkampf als Beitrag zur höheren Wahlbeteiligung“, sagt Körner.