Kein Jubel in Bulgariens Parteizentralen nach der Wahl: Das Kräfteverhältnis ist unklar. Sicher ist, dass der Wahlsieger nicht alleine regieren kann.

Sofia - In Bulgarien hat die bürgerliche GERB amtlichen Angaben zufolge die Parlamentswahl gewonnen, die absolute Mehrheit aber verfehlt. Für die Bürgerlichen stimmten 32,74 Prozent der Wähler, teilte die Zentrale Wahlkommission am Montag nach Auszählung von fast 80 Prozent der abgegebenen Stimmen mit. Bei der vorgezogenen Wahl am Sonntag kamen die Sozialisten (Ex-KP) auf Platz zwei mit 26,79 Prozent der Stimmen.

 

Drei weitere Parteien haben diesen Angaben zufolge die Vier-Prozent-Hürde für das Parlament überwunden: die Nationalisten mit 9,14 Prozent, die Türkenpartei DPS (8,44 Prozent) und die neue populistische Partei Wolja (Wolja) mit 4,11 Prozent der Stimmen. Amtliche Endergebnisse sollen binnen drei Tagen bekannt sein.

Die GERB dürfte nach einer Prognose des Meinungsforschungsinstituts Market Links über 94 der 240 Mandate verfügen. Die Sozialisten könnten mit 85 Mandaten rechnen, die Nationalisten mit 24. Die Türkenpartei käme auf 23 Mandate, die populistische Wolja auf 14.

Boiko Borissow ist zuversichtlich

GERB-Chef Boiko Borissow war zuversichtlich, dass Bulgarien schnell eine neue Regierung bekommen wird. „Ich hoffe, dass schnell eine Regierung formiert wird, die den Erwartungen der Menschen entspricht“, sagte Borissow am Abend in der Parteizentrale. Borissow wollte vor Beratungen mit möglichen Koalitionspartnern keine Bedingungen stellen. Er war von 2009 bis 2013 sowie von 2014 bis 2016 Ministerpräsident, wobei er die Regierungsgeschäfte bis Januar 2017 trotz Rücktritts weiter führte.

Die Sozialisten lehnten eine große Koalition mit den Bürgerlichen ab. „In der Politik gibt es prinzipielle Sachen ... Wir sind eine Alternative zur GERB“, sagte Sozialisten-Chefin Kornelia Ninowa nach einer Sitzung der Parteiführung. Die Sozialisten wollten aber eine Regierung bilden, sollte die GERB scheitern.

Auch jetzt gab es - wie bei früheren Wahlen in dem ärmsten EU-Land - zahlreiche Hinweise auf Stimmenkauf. Die Wahl wurde auch durch Spannungen mit der Türkei wegen türkischstämmiger Wähler überschattet. Bulgarische Nationalisten hatten an der Grenze zur Türkei gegen den so genannten Wahltourismus mit Bussen aus der Türkei protestiert.