Verärgerte Briefwähler und verunsicherte Wähler: In Waiblingen landen die Wahlunterlagen teils extrem spät in den Haushalten und mancher Urlauber kann deshalb gar nicht wählen. Was sind die Gründe?
Etliche Waiblingerinnen und Waiblinger sind beunruhigt, weil sie noch keine Unterlagen für die Wahlen an diesem Sonntag bekommen haben. Andere – insbesondere Briefwählerinnen und -wähler, sind frustriert. „Am Mittwoch ist die Frist abgelaufen, zu der man die Unterlagen für die Briefwahl mit der Post hätte zurückschicken müssen, um sicher zu sein, dass sie fristgerecht eintreffen und in die Auswertung eingehen“, stellt Stephan Wolfsried fest. Er und seine Frau hätten die Unterlagen am Dienstag erhalten – nach einer Beschwerde beim Oberbürgermeister. „Als Bürger hat man nicht viele Möglichkeiten, an den Verhältnissen etwas zu ändern, außer bei Wahlen. Diese Möglichkeit wird einem auf diese Art und Weise dann auch noch genommen, wenn man sich nicht massiv wehrt wie wir.“
Zu den Betroffenen gehören auch Karin Gonser und ihr Mann, die in der Ortschaft Bittenfeld leben. Angesichts ihres geplanten Radurlaubs in Ostdeutschland hatten sie am 18. Mai die Anträge auf Briefwahl im Rathaus in Waiblingen eingeworfen und am 27. Mai per E-Mail nachgehakt, weil diese noch fehlten. Am Dienstag hat das Paar seine Reise angetreten, ohne, dass es seine Stimmen abgeben konnte. „Wählen ist wichtiger denn je“, sagt Karin Gonser, die höchst verärgert ist, dass es mit der Briefwahl nicht geklappt hat. Gut zweieinhalb Wochen Vorlaufzeit müssten doch eigentlich reichen, findet sie.
Briefwahlanträge bis 18 Uhr möglich
Die Stadtverwaltung hat am Donnerstagabend mitgeteilt, dass Wahlberechtigte an diesem Freitag bis 18 Uhr Wahlscheine mit Briefwahlunterlagen beantragen können. In besonderen Ausnahmefällen könnten bis Sonntag, 9. Juni, 15 Uhr, Wahlscheine angefordert werden. „Dazu zählen unter anderem plötzliche Erkrankungen“, heißt es. Die Unterlagen können per E-Mail an wahlen@waiblingen.de oder im Wahlamt im Rathaus Waiblingen, Zimmer 303, persönlich beantragt werden, es könne auch gleich vor Ort gewählt werden. Wer Unterlagen für andere Wahlberechtigte abholen möchte, kann das nur mit einer Vollmacht tun.
Die ausgefüllten Briefwahlunterlagen müssen bis spätestens Sonntag, 9. Juni, 18 Uhr, im Rathaus der Kernstadt eingehen. Die Unterlagen könnten aber auch noch bis Sonntag, 10 Uhr, in die Briefkästen der Ortschaftsverwaltungen eingeworfen werden, sagt Valerie Clemenz, die Leiterin der Abteilung Wahlen bei der Stadt Waiblingen. Von dort würden sie von Amtsboten in die Kernstadt transportiert. Es sei auch möglich, die Wahlscheine am Sonntag in ein Wahllokal mitzubringen und dort zu wählen.
Extrem viele Anträge für die Briefwahl
Für die Briefwahl habe es dieses Mal extrem viele Anfragen gegeben, sagt Valerie Clemenz: „Bei uns stehen kistenweise ausgefüllte Briefwahlunterlagen.“ Man habe in den vergangenen Wochen Stimmzettel an die Nordsee, nach Berlin und ins europäische Ausland geschickt. Die letzten Stimmzettel seien aber erst sehr spät angeliefert worden, da die Regionalwahlstimmzettel nochmals gedruckt werden mussten. „Ursache war unserer Kenntnis nach eine unzutreffende Bezeichnung in den Daten für die Regionalwahlstimmzettel, die von der zuständigen Stelle an die beauftragte Druckerei übermittelt wurden. Davon waren mehrere Kommunen betroffen.“ Dadurch seien die Briefwahlunterlagen erst spät vollständig vorhanden gewesen und hätten nur mit Verzögerung versendet werden können, was man seither aber durchgängig tue.
Allerdings zum Teil fehlerhaft. So heißt es auf der Internetseite der Stadt: „Möglicherweise wurden in wenigen Einzelfällen an Wahlberechtigte in den Ortschaften, die Briefwahl beantragt haben, Ortschaftsratswahl-Stimmzettel für eine andere Ortschaft verschickt. Bei der Ortschaftsratswahl sind die Wählerinnen und Wähler nur für die Ortschaft wahlberechtigt, in der sie wohnen.“ Wer einen Stimmzettel für eine andere Ortschaft erhalten habe, könne bei der Ortschaftsverwaltung den richtigen erhalten. Wer seine Briefwahlunterlagen bereits abgesendet habe und unsicher sei, ob die richtige Liste vorgelegen habe, solle sich melden (0 71 51 / 50 01 28 60 oder per E-Mail an wahlen@waiblingen.de).
Stimmzettel sollen bis Samstag da sein
„Die Stimmzettel werden bis spätestens Samstag zugestellt – das ist die gesetzliche Frist“, sagt Valerie Clemenz. Dass der Versand so kurzfristig erfolgt, hat verschiedene Gründe. Die Stadt Waiblingen habe erstmals die Briefwähler „ausgesteuert“, berichtet Valerie Clemenz. Soll heißen: Bei Wahlen war es in Waiblingen bisher wie andernorts üblich, dass zunächst alle Wahlberechtigten die Unterlagen zugesandt bekamen. Wer per Briefwahl abstimmen wollte, musste dies beantragen und bekam die Stimmzettel ein weiteres Mal zugeschickt – gemeinsam mit dem benötigten Wahlschein und Kuverts.
Die doppelte Lieferung der Stimmzettel habe viele verwirrt, auch sei dadurch viel Papier nebst Porto verbraucht worden. Daher habe sich Waiblingen entschlossen, die Anträge für die Briefwahl abzuwarten und erst danach mit dem Versand der übrigen Unterlagen zu beginnen. Die Bewerber für die Gemeinderats- und Ortschaftsratswahlen seien ja bereits im Amtsblatt Stauferkurier vermeldet worden und insofern bekannt.
Vonseiten der Verwaltung hieß es am Donnerstag, Stimmzettel könnten im Wahlamt und den Ortschaftsrathäusern abgeholt werden und stünden auch in den Wahllokalen zur Verfügung: „Die Wählerinnen und Wähler können somit am Sonntag ihr Wahlrecht wahrnehmen.“
Wie wirkt sich das Hochwasser auf die Wahl aus?
Wahllokale
Angesichts der dramatischen Hochwasserereignisse müssen erstaunlich wenige Wahllokale verlegt werden. In Rudersberg und Urbach können die gewohnten Orte genutzt werden, teilt die Kommune mit. In Schorndorf-Haubersbronn müssen Wahlberechtigte, deren Wahllokal die Festhalle gewesen wäre, stattdessen in die Lauswiesenhalle, Lauswiesen 6, gehen um zu wählen.
In Winnenden müssen zwei Wahllokale verlegt werden: Wer eigentlich im ehemaligen Notariat in der Wiesenstraße 10 gewählt hätte, muss in das rund 100 Meter davon entfernte Haus der Jugend in der Mühltorstraße 25 ausweichen. Das Wahllokal ist laut der Verwaltung rollstuhlgerecht. Alle, die normalerweise in der Birkmannsweiler Halle gewählt hätten, müssen am Sonntag in das evangelische Gemeindehaus Birkmannsweiler ausweichen, das im Salzbergweg 59 ist. Auch dieses Wahllokal ist für Rollstuhlfahrer erreichbar.
Unterlagen
Wer seine Wahlunterlagen verloren hat, kann mit dem Personalausweis ins Wahllokal kommen und wählen. Etwas komplizierter ist es, wenn eine Briefwahl beantragt wurde: dann lag den Stimmzetteln ein Wahlschein bei, der verhindern soll, dass doppelt gewählt wird. Für die Wahl braucht es daher einen neuen Wahlschein. In Urbach kann dieser am Freitag bis 18 Uhr im Rathaus, Konrad-Hornschuch-Straße 12, geholt werden. In Schorndorf kann ebenfalls im Rathaus, Marktplatz 1, ein neuer Wahlschein beantragt werden. Die Öffnungszeiten des Briefwahlbüros sind am Freitag von 8.30 bis 18 Uhr, am Samstag von 11 bis 12 Uhr und am Wahlsonntag von 8 bis 15 Uhr.