Der frühere Grünen-Chef Reinhard Bütikofer rät seiner Partei, aus dem Wahlerfolg in Schleswig-Holstein zu lernen – auch bei der Frage, mit wem die Grünen koalieren sollten.

Stuttgart - Der frühere Grünen-Parteivorsitzende und heutige Europa-Abgeordnete Reinhard Bütikofer hat das grüne Wahlergebnis in Schleswig-Holstein als Ansporn und Vorbild bezeichnet: „Die grünen Wahlergebnisse von Kiel zeigen, dass für uns nicht nur unter Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg Hoffnungen wachsen können.“ Wenn die Wähler merkten, dass die Grünen „für ihre Themen brennen“, so wie Robert Habeck und Monika Heinold in Kiel, dann spiegele sich das in guten Wahlergebnissen wider, sagte Bütikofer unserer Zeitung. Die Grünen hatten bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein ein gutes zweistelliges Ergebnis eingefahren.

 

Was die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen anbelangt, sagte Bütikofer, dass die Grünen dort vor der Veröffentlichung von schlechten Umfragewerten mit einer fünf vor dem Komma „nur Wahlkampf“ gemacht hätten. „Jetzt aber kämpfen sie richtig und ich bin zuversichtlich für ihren Erfolg.“

NRW ist ein schwieriges Pflaster für die Grünen

Gleichwohl bezeichnete Bütikofer Nordrhein-Westfalen als schwieriges Terrain für die Ökopartei. In einem Kohle fördernden Land müsse ein grüner Umweltminister stärker kämpfen als „in einem Land wie Schleswig-Holstein, wo die Liebe zur Natur breit getragen ist“. Überdies sei in NRW „ein SPD-Milieu“ stark verbreitet. Bütikofer bezeichnete es als einen Erfolg von Kretschmann, dass er grüne Antworten auf zentrale Fragen gebe: „Wie schaffen wir es, unsere Wirtschaft und Lebensweise, gepaart mit sozialer Sicherheit, auch künftig wettbewerbsfähig zu halten und gleichzeitig auf eine nachhaltige Basis zu stellen.“ Dies sei keine grüne Fassadenmalerei, sondern in der „DNA“ der Regierungspartei in Stuttgart verankert.

Auf Distanz ging Bütikofer, der die Bundesgrünen von 2002 bis 2008 führte, zu Koalitionsdebatten vor einer Wahl. „Wir müssen klare Kante zeigen und dem Wähler sagen, was er von uns zu erwarten hat, wozu wir regieren wollen. Das Mit-wem hängt dann vom Wozu ab“, sagte Bütikofer.

FDP-Chef Lindner finden Grüne kaum zum Aushalten

Die Grünen in Nordrhein-Westfalen hatten vor wenigen Tagen ein Nein für eine Jamaika-Koalition mit CDU, FDP und Grünen in Düsseldorf formuliert. Wenngleich Bütikofer diese strategische Sicht nicht teilt, so äußerte er ein gewisses Verständnis: „Keiner sprüht soviel Gift und Galle auf die Grünen wie FDP-Chef Christian Lindner. Das ist schwer auszuhalten.“

Mitte Juni werden die Grünen bei ihrer Bundesdelegiertenkonferenz in Berlin das Wahlprogramm beschließen. Es lägen über 2100 Änderungsanträge zum Vorstandsentwurf vor, sagte Bütikofer. Im Wahljahr 2013 hatte eine Steuerdebatte den Grünen die Ergebnisse bei der Bundestagswahl verhagelt. „Ich habe in diesen Tagen keine Grünen getroffen, die einen Steuerwahlkampf führen wollen“, sagte Bütikofer. Das wäre auch unsinnig angesichts sprudelnder Steuereinnahmen.

Als seine „Essentials“ für den Wahlkampf nannte Bütikofer den Kohleausstieg, die Gestaltung der Digitalisierung, ein Einwanderungsgesetz sowie eine „auch für Frauen faire Rentenpolitik“. Auch die Europapolitik müsse im Bundestagswahlkampf eine große Rolle spielen.