Für neue Themen ist im Kommunalwahlkampf kein Platz. Die Großprojekte – ob geplant oder bereits begonnen – werden die Ditzinger Räte auch in der nächsten Wahlperiode beschäftigen. Doch immer häufiger schwingt dabei eine Grundsatzfrage mit.

Ditzingen - Jedes weitere Unternehmen, das sich im Ort ansiedelt, ist gut für den Stadtsäckel. Das war jahrzehntelang unwidersprochen der Grundsatz der Stadtentwicklung. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Die Gewerbesteuer macht in den meisten Fällen den größten Einnahmeposten aus. Und doch mischen sich in Ditzingen immer häufiger auch kritische Töne in die Debatte. Sie zielen darauf ab, die Lebensqualität in der Großen Kreisstadt zu stärken, wenigstens aber zu erhalten.

 

Den „Einklang von Ökonomie und Ökologie“ fordert der Chef der Unabhängigen Bürger, Dieter Schnabel, ein, „Schutzräume für die Biodiversität“ der Freidemokrat Henning Wagner. Die Grünen legen ihren Schwerpunkt in der Diskussion um die Lebensqualität auf die Ausgestaltung von Baugebieten beziehungsweise einzelner Gebäude. „Wenn die Architekturqualität stimmt, kann man Verdichtung vertreten“, sagt der Sprecher von Bündnis 90/ Die Grünen, Ulrich Steller. Er spricht sich somit gegen eine Konzentration auf den Baustoff Beton aus.

Wert legt er auf die klimafreundliche Bauweise, auf die Anlage von Vorgärten. Ohnehin müsse man in den Bereichen Energie und Umwelt, „an vielen kleinen Schrauben drehen, um an der großen zu drehen“. Daher begrüßt er eine Beteiligung an der Internationalen Bauausstellung (IBA). „Wir müssen uns nicht verstecken“, meint der Stadtrat. Eine Entscheidung darüber steht aus.

Dieselben Themen auf der Agenda

Die Anmerkungen zielen auf eine grundlegende Entwicklung ab: Je mehr Gewerbe, desto mehr Arbeitsplätze. Das wiederum bedeutet mehr Verkehr in einem Ort, dessen Kernstadt nach Ansicht aller schon überlastet ist und mit Heimerdingen der dritte Teilort auf seine Ortsumfahrung wartet. Der einzige FDP-Rat im Gremium, Horst Ludewig, hat den Bau der Heimerdinger Ortsumfahrung zu seinem Hauptanliegen gemacht. Mehr Gewerbe bedeutet aber zugleich auch einen noch größeren Druck auf dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt..

Vor diesem Hintergrund ähneln sich die Programme der Parteien. Sie differieren zum Teil nur in Nuancen. Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs, Schaffung bezahlbaren Wohnraums, weitere Modernisierung der Bildungslandschaft und Ausbau der Kinderbetreuung.

All diese Themen werden die Räte in den nächsten fünf Jahren beschäftigen. Für neue, große Themen ist weder das Geld da, noch die Kapazität in der Verwaltung. Auf die angespannte Personalsituation hatte der Oberbürgermeister Michael Makurath (parteilos) in der Vergangenheit immer wieder verwiesen. „Wenn man sich einschränken muss, denkt man ein bisschen mehr nach“, findet der Christdemokrat Konrad Epple auch etwas Gutes an der Situation.

Übergangszeit nicht aus den Augen verlieren

Die Sozialdemokraten fordern eine „soziale Stadtentwicklung“, eine Stadt in jeglicher Hinsicht ohne Barrieren. Wenn etwa die Neugestaltung des Areals der Wilhelmschule diskutiert werde, sei wichtig, dass kleine, bezahlbare Wohnungen entstünden, fordert die Fraktionschefin Sabine Roth. Zudem müsse man den Bedarf an kulturellen Räumen im Blick haben.

Die Freien Wähler lenken den Blick auf eine Sache, die nur vermeintlich ein Detail ist. „Man darf die Feldwege nicht verkommen lassen“, meint Frank Hagenlocher. Der Landwirt fordert das nicht allein im Namen seiner Zunft. Er erhebt diese Forderung im Kontext des öffentlichen Personennahverkehrs. Den gelte es zwar zu stärken, fügt der Fraktionschef Manfred Grossmann an. Grossmann ist gerade in jüngerer Vergangenheit zugleich deutlich für den Erhalt von Parkplätzen eingetreten. Den Nahverkehr mehr und mehr zu stärken und so die Straßen vom Autoverkehr zu entlasten, lasse sich „in der Praxis nicht so schnell verwirklichen“. Viel zu wenig werde der Blick auf diese Übergangszeit gerichtet. Dasselbe gelte für die Elektromobilität. Dafür fehle nach wie vor die Ladeinfrastruktur. „Mit einer Tankstelle am Rathaus ist es nicht getan.“

Beharrlich bleiben bei großen Themen

Verkehrsprobleme im Nachhinein zu lösen sei schwierig, heißt es bei den Unabhängigen Bürgern. Bei Bauvorhaben müsse künftig die Verkehrsplanung stärker in den Fokus genommen werden. Über die Belastung in der Marktstraße habe man schon vor 25 Jahren gesprochen, blickt Dieter Schnabel auf ein lange schwelendes Problem. Damals kam er mit seiner Idee von einer Einbahnstraße nicht durch.

Nicht die innerörtliche Entlastungsmöglichkeit haben die Christdemokraten im Blick, sondern vor allem den Durchgangsverkehr: Sie ordern, am Thema Siemensstraße dranzubleiben, Nach dem Willen der Ditzinger soll sie vierspurig ausgebaut werden. Doch dabei muss das Land mitwirken: das Logistikzentrum muss für den Ausbau umgestaltet werden.