Als unabhängiger Kandidat im Präsidentschaftswahlkampf weckt der sozialistische Politiker Emmanuel Macron in Frankreich ungeahnte Begeisterung – und das mit proeuropäischen Parolen.

Lyon - Er scheint es selbst nicht fassen zu können. Die Gesichtszüge, die eben noch von Ernst und Entschlossenheit gezeichnet waren, wirken nun gelöst. Ein ungläubiges, jungenhaftes Lächeln leuchtet auf. Und es ist ja auch erstaunlich, dass es so weit gekommen ist. „Président, président“, schallt es Emmanuel Macron entgegen. Und was für den Ex-Investmentbanker und Ex-Wirtschaftsminister das Schönste ist: Seit ein paar Tagen verkünden Meinungsforscher, er – 39 Jahre jung – habe beste Chancen, es tatsächlich zu werden. Platz zwei prophezeien sie ihm in der ersten Runde des Präsidentschaftsrennens und den Einzug in die Stichwahl. Auf die Rechtspopulistin Marine Le Pen würde Macron dort treffen, sie gar besiegen.

 

Mehr als 10 000 Menschen sind am Wochenende nach Lyon gekommen, um den vom Finanzinspektor zum sozialliberalen Politstar avancierten Franzosen live zu erleben. Der Sportpalast Gerland ist dem Andrang nicht gewachsen. Es sind der Fans zu viele. Rund 8000 haben in der überdachten Arena Platz gefunden, in deren Mitte der Sockel einer Pyramide emporragt, auf dem Macron seine Botschaft zelebriert, in blauem Anzug, die Krawatte locker gebunden.

Seine Initialen passen zu der Bewegung En Marche

Eine Partei, die hinter ihm stünde, hat er nicht. Aber er hat die von ihm im April vergangenen Jahres gegründete Bewegung En Marche! (Unterwegs). Sie ist mittlerweile im ganzen Land verankert, zählt 3500 Ortskomitees, die wöchentlich insgesamt 400 bis 500 Versammlungen organisieren. An Kandidaten, die bei den Parlamentswahlen im Juni für Macron an den Start gehen, ihm zu einer soliden Mehrheit verhelfen wollen, fehlt es nicht. Auf einem mit Bildschirmen bestückten gigantischen Würfel scheinen Buchstaben auf: ein frühlingsgrünes E und ein zitronengelbes M. Die Initialen der Bewegung En Marche sind das. Die ihres Gründers sind es auch.

François Fillon, der bisher auf den Einzug in den Élysée-Palast hoffen durfte, ist dagegen in der Wählergunst deutlich zurückgefallen. Laut einer am Wochenende erschienenen Umfrage des Instituts BVA darf der Spitzenkandidat der konservativen Républicains in Runde eins mit 18 Prozent der Stimmen rechnen. Macron wird mit 21 bis 22 Prozent gehandelt, Le Pen mit 25 Prozent. Fillon hat den Vorwurf nicht ausräumen können, seiner Frau Penelope sowie seinen Kindern Marie und Charles zu gut dotierter Scheinarbeit verholfen zu haben.