US-Präsident Obama und sein Herausforderer Mitt Romney setzen auf die Macht der Musik. Beide dröhnen ihre Anhänger bei öffentlichen Auftritten mit Pop und Rock zu.

Washington - Sie singen für einen guten Zweck, für die Opfer eines Hurrikans – und doch wirkt dieser Tage vieles weniger wohltätig als wohl kalkuliert. Popstars wie Sting, Billy Joel, Bruce Springsteen, Jon Bon Jovi oder Christina Aguilera sind am Freitagabend in den NBC-Studios am Rockefeller Plaza in New York aufgetreten, um Spenden für die Betroffenen des Wirbelsturms Sandy zu sammeln. Die Einnahmen des kurzfristig arrangierten Konzerts gehen ans Rote Kreuz. Für das „Hurricane Sandy: Coming Together“ waren Musiker zusammengekommen, die sich für die Wiederwahl Barack Obamas engagieren. „The Boss“ singt im Wahlkampf des demokratischen Amtsinhabers sogar einen der wichtigen Kampagnensongs: Springsteens „Forward and Away we Go“ ertönt jedes Mal, wenn der Präsident nach einem umjubelten Auftritt bescheiden lächelt, ins tobende Publikum winkt und schwungvoll von der Bühne läuft, die er zuvor zu „City of Blinding Lights“  von U2 betreten hatte. Der Song der irischen Rocker gehörte schon 2008 zum Repertoire von Obamas Wahlkampf, der bekanntlich mit dem Einzug ins Weiße Haus endete.

 

Wenn Herausforderer Mitt Romney in den wenigen noch umkämpften Bundesstaaten für sich wirbt, tut er das mit Unterstützung von Kid Rocks „Born Free“. Das Lied des schrägen Rock- und Rap-Musikers ist zur heimlichen Hymne der Republikaner geworden. Da scheint es nicht einmal zu stören, dass es darin weniger um den Wert der Freiheit an sich als um die Flucht eines Opfers von häuslicher Gewalt geht. Wirklich Pech hatte Romney mit der Auswahl eines anderen Liedes. Zwar konnte „Wavin’ Flag“, der Hit der Fußball-WM 2010 in Südafrika, durchaus die Massen begeistern. Allerdings vergaß der Mormone im Eifer des Vorwahlkampfs, die Erlaubnis des somalisch-kanadischen Interpreten K’naan einzuholen. 

An historischen Vorbildern für die Macht des gesungenen Wortes im US-Wahlkampf mangelt es dagegen nicht. So vertraute etwa John F. Kennedy ganz auf die Stimme von Frank Sinatra („High Hopes“, 1960). Mit „Happy Days are here Again“, heute inoffizielle Parteihymne der Demokraten, hatte schon Franklin D. Roosevelt seinen Erfolg von 1932 vorbereitet. Und das trotz Weltwirtschaftskrise – oder gerade deswegen.