Der Filderwahlkreis gilt als Brennpunkt des Plakatvandalismus. Parteien klagen, dass sie vor allem Durchgangsstraßen teils komplett neu mit Wahlwerbung bestücken müssten, weil die bisherige auf mysteriöse Weise verschwunden sei.

Filder - Alleiniger Spitzenreiter in Sachen Vandalismus sei der Filderwahlkreis dann doch nicht, sagt Bastian Azger, der Geschäftsführer der Kreis-CDU. In Bad Cannstatt seien die Verluste seiner Partei in Sachen Wahlplakate ähnlich schlimm wie auf den Fildern.

 

Dennoch, der Filderwahlkreis steche negativ hervor unter den Stuttgarter Wahlbezirken. Jenseits des Stuttgarter Kessels erlebe die CDU noch viel stärker ein Phänomen, das ihr allerdings in der ganzen Stadt in diesem Landtagswahlkampf Kopfzerbrechen bereitet. „Es geht nicht nur wie bei Wahlkämpfen üblich darum, dass jemand mal ein Plakat verunstaltet oder abreißt und dann auf den Boden schmeißt“, sagt Azger. „Die Plakate werden massenhaft abgeräumt und mitgenommen. Das haben wir so noch nie erlebt.“ Betroffen seien besonders Durchgangsstraßen, die bisweilen komplett neu plakatiert werden müssten.

Vermutet werden geplante Aktionen

In wessen Fantasie nun das Bild von maskierten Männern herumspuken sollte, die nachts im Auftrag finsterer Mächte CDU-Plakaten zu Leibe rücken, der liegt nicht so weit von dem entfernt, was Bastian Azger vermutet. „Das müssen geplante Aktionen sein, bei denen die Plakate abtransportiert werden“, sagt er. Er frage sich, wo die ganzen verschwundenen Plakate wieder auftauchen werden. „Im Müll wird die wohl keiner einfach entsorgen, das würde auffallen“, sagt er. Er vermutet, dass sie vielleicht irgendwann in den Wäldern gefunden würden. „Oder sie wurden in den Neckar geworfen“, sagt Azger.

Die Attacken machen Azger ratlos. Denn er weiß, dass nicht nur die CDU betroffen ist. „Es scheint ja alle Parteien zu treffen, von ganz rechts bis ganz links.“ Für ihn steht fest, dass die Täter die Parteien im Wahlkampf schädigen. „Ein Plakat kostet uns zwischen drei und sechs Euro. Wenn das hochgerechnet wird, ist das dann schon ein Betrag, der uns einfach in der Wahlkampfkasse fehlt. Ich finde es schade, dass Menschen meinen, sich nur so ausdrücken zu können.“

Ist die Natur schuld?

Mit seinem Bedauern – aber auch mit seinen Spekulationen – ist der CDU-Politiker nicht allein. Neben der CDU sagen auch Vertreter der AfD und der Linken, dass ihre Plakatverluste in diesem Wahlkampf ungewöhnlich hoch seien. Diese Parteien sowie die Grünen gehen wie die CDU von einer konzertierten Aktion gegen Wahlplakate verschiedener Parteien aus. Die meisten sehen im Filderwahlkreis einen Brennpunkt der Zerstörungswut.

Weniger alarmiert geben sich FDP und SPD. Der Sillenbucher SPD-Politiker Ulrich Storz macht die Natur für die verschwundenen Wahlplakate verantwortlich. Aus Sicht des Sozialdemokraten wurden sie buchstäblich vom Winde verweht. „Wir hatten in den vergangenen Wochen stürmisches Wetter. Ich muss auch sagen, dass die Plakate einiger Parteien nicht die beste Qualität haben. Die hat es dann eben bei dem starken Wind zerfetzt“, sagt Storz.

Kontrovers, aber sachlich

Die FDP-Kandidatin Gabriele Reich-Gutjahr findet, dass ihre Partei so viele verschwundene oder zerstörte Wahlplakate verschmerzen muss wie auch in anderen Wahlkämpfen. Die Vermutung anderer Politiker, es gebe eine gezielte Aktion gegen die Parteien, passe nicht zu den Reaktionen der Bürger, die ihr an Infoständen begegnet sind. Zumindest mit ihr als liberaler Politikerin werde in der Sache kontrovers, aber stets sachlich diskutiert. „Auch in der Flüchtlingsfrage überwiegen die vernünftigen Stimmen“, sagt Reich-Gutjahr.

Die Linken-Politikerin Dagmar Uhlig glaubt nicht, dass sich insbesondere Anhänger ihrer Partei und Sympathisanten der AfD eine Schlacht um Wahlplakate mit unlauteren Methoden liefern würden. „Unsere Partei ist absolut dagegen, die Wahlplakate der AfD zu beschädigen“, sagt Uhlig. Dass hinter den Zerstörungen eine Auseinandersetzung zwischen Links und Rechts steht, sei außerdem unwahrscheinlich, weil eben alle Parteien attackiert würden. „Ich vermute eher, da steckt bei manchen die Stimmung dahinter: ,Denen zeig’ ich’s allen’.“