Viele Wahlplakate pflastern den Weg zum Wahllokal – eines sticht mit einem ungewöhnlichen Wahlvorschlag heraus, findet Jan Sellner.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Wählen ist bekanntlich eine sehr subjektive Sache. Die einen entscheiden nach Inhalten, die anderen nach der Persönlichkeit, weil ihnen zum Beispiel die Nase des einen Kandidaten gefällt und die des anderen stört. Die einen wählen das, was sie immer schon gewählt haben, andere sind überzeugte Wechselwähler, wieder andere wählen rein aus Protest.

 

Ein Wahl-Kriterium ist bisher vernachlässigt worden, vermutlich weil es als nachrangig angesehen wird: nämlich der Beruf der Bewerber. Der Stuttgarter FDP-Kandidatin Tanja Bachmann ist es zu verdanken, dass sich das gerade ändert. Auf den Wahlplakaten der „Besenwirtin“ prangt der aufrüttelnde Satz: „Weinliebhaber wählen Wengerter.“ Damit gebührt ihr schon mal der erste Preis in der Kategorie: „Sprüche, die man auf Wahlplakaten garantiert nicht erwartet.“

Wählern eröffnen sich neue Perspektiven

Noch dazu versetzt einen Bachmanns Botschaft in eine weinselige Stimmung. Jedenfalls eröffnen sich den Wählern völlig neue Perspektiven: Statt sich durch Wahlprogramme zu quälen und sich mit Kommunalpolitik zu beschäftigen, schaut man sich auf dem Stimmzettel an, wer was ist – und muss dann nicht mehr lange überlegen: Weinliebhaber wählen Wengerter, Biertrinker wählen Bierkutscher, Brillenträger wählen Optiker, Bücherwürmer wählen Buchhändler, Blumenliebhaber wählen Floristinnen, Sonnenhungrige wählen Meteorologen, Häuslebauer wählen Architekten, Warmduscher wählen Heizungsbauer, und so weiter.

Diese Art des Wählens hat übrigens auch Auswirkungen auf die Art der Wahlkampfführung. Statt mit Parteilogos sollten die Wahlkämpfer künftig mit Innungszeichen werben. Ach ja, das Ganze nennt man dann Berufs-Wahl.