Nach einem tiefen Einbruch an den asiatischen Aktienmärkten glätten sich die Wogen wieder. Der Dax grenzt seine Verluste ein, die Wall Street reagiert gelassen.

Frankfurt - Nach dem Wahlsieg von Donald Trump hat sich die erste Aufregung an den Finanzmärkten rasch wieder gelegt. An der Wall Street notierten der der Dow Jones und der S&P 500 am Nachmittag ein halbes Prozent im Plus. Der deutsche Aktienindex Dax legte nach einem Einbruch um fast drei Prozent bei Handelsauftakt eine Rally hin und schloss 1,6 Prozent höher als am Vortag. Am frühen Morgen war es an den asiatischen Börsen noch steil bergab gegangen: Der japanische Nikkei-Index fiel um 5,4 Prozent. Die Börsen in Hongkong, Shanghai und Seoul verloren bis zu 2,8 Prozent.

 

Nach dem ersten Schreck langten an den europäischen Aktienmärkten aber die Schnäppchenjäger zu und trieben die Kurse in die Höhe. „An den Börsen wird das Leben weiter gehen“, fasste Heinz-Werner Rapp, Chefanlagestratege des Investmenthauses Feri, die Stimmung zusammen. Auch der US-Dollar konnte seine morgendlichen Verluste im Tagesverlauf wieder ausgleichen: Der Dollar-Index, der die US-Devise im Vergleich zu anderen wichtigen Währungen misst, drehte nach einem Rückgang um zwei Prozent wieder ins Plus.

Trumps Siegesrede habe „dem Markt wieder etwas auf die Beine geholfen“, sagte Portfoliostratege Brian Jacobsen von Wells Fargo Funds Management der Nachrichtenagentur Reuters. Trump habe versöhnlich geklungen und keine protektionistischen Töne angeschlagen, die von Investoren befürchtet worden seien. Der Milliardär hatte im Wahlkampf angekündigt, den Freihandel einschränken zu wollen.

Auto-Aktien unter den größten Verlierern

Dass die Furcht vor Nachteilen für die deutsche Exportwirtschaft keineswegs verflogen ist, zeigte sich an den Aktien der deutschen Autobauer: Die Papiere von Volkswagen und BMW lagen auch am Abend noch im Minus; Daimler-Aktien machten die Verluste bis zum Abend wieder wett. Deutliche Gewinne verbuchten dagegen die Anteilsscheine der Pharmakonzerne Fresenius, Merck und Bayer. Auf die Branche wären bei einem Wahlsieg der Demokratin Hillary Clinton möglicherweise neue Preisgrenzen für Medikamente zugekommen.

Der Verband der Chemischen und Pharmazeutischen Industrie (VCI) zeigte sich gleichwohl besorgt über Trumps Erfolg: „Die Verunsicherung, wohin die USA nun steuern, ist groß“, sagte VCI-Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann. Er hoffe, dass Trump trotz „nationalistischer und protektionistischer Positionen im Wahlkampf“ als Präsident an die engen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und den USA anknüpfen werde. Auch die Maschinen- und Anlagenbauer sind skeptisch. „Falls die größte Wirtschaftsmacht der Welt einen protektionistischen Kurs fährt, wird das rund um den Globus zu spüren sein. Wir können nur hoffen, dass er seinen Worten keine entsprechenden Taten folgen lässt“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes VDMA, Thilo Brodtmann.

Nachteile auch für die US-Wirtschaft

Probleme brächte eine Abschottung nach Einschätzung von Wirtschaftsexperten auch den USA. „Wenn es Präsident Trump gelänge, auch nur Teile seiner Wahlversprechen umzusetzen – zum Beispiel die partielle Ausweisung nicht registrierter, aber beschäftigter Einwanderer oder die Einführung von höheren Zöllen – würde sich dies unweigerlich in höherer Inflation und schwächerem Wachstum niederschlagen“, warnte etwa der Chefvolkswirt der Allianz, Michael Heise. Ähnlich äußerten sich die Analysten der Commerzbank: „Eine Behinderung von Importen würde auch auf die US-Exporteure zurückschlagen. Zudem dürften die Kosten im Inland steigen, wenn günstige Importe verdrängt werden.“ Zudem sei zu befürchten, dass Trumps Erfolg auch populistischen Parteien in Europa Aufwind verschaffe: „Die Selbstzerfleischung des Westens geht weiter“, schrieb Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

Dagegen wies die Deutsche-Bank-Tochter Deutsche Asset Management darauf hin, dass Trump auch Bürokratieabbau und Steuersenkungen versprochen habe. „Gut möglich, dass am Ende eine mehr oder weniger konventionelle republikanische Politik herauskommt und die Umsetzung von schädlichen Wahlkampfversprechen etwa im Außenhandel oder bei der Zuwanderung noch lange warten wird.“