Das Statistische Amt hat die Landtagswahl 2011 in Stuttgart in Bezug auf Alter und Geschlecht untersucht. Dazu hat sie in vier Wahllokalen und einem Briefwahlbezirk die Stimmzettel markiert. Eine Erkenntnis: je älter die Wähler, desto größer die Beteiligung. Und die Grünen-Wähler werden immer älter.
Stuttgart - Getreu dem Motto, keiner Zeitreihe zu trauen, die man nicht selbst erstellt hat, führt der Stuttgarter Wahlamtsleiter Thomas Schwarz eine repräsentative Statistik zur legendären Landtagswahl 2011 fort, die stark von der Nuklearkatastrophe in Fukushima, dem S-21-Streit und von der Schwäche des damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus geprägt gewesen ist. Die CDU wurde nach 58 Jahren ununterbrochener Regierung abgewählt, und die Grünen stellen seitdem erstmals einen Ministerpräsidenten. Die Wahlbeteiligung stieg in Stuttgart – vor allem wegen der enormen Beteiligung der jüngeren Jahrgänge – gegen den Trend um 16,1 Punkte auf 73,1 Prozent an.
Bei dieser besonderen Statistik wird das Wahlverhalten der Stuttgarter nach Geschlecht und Alter untersucht und mit früheren Wahlen, zurückgehend bis 1956, verglichen. Amtsleiter Schwarz hat dafür keine eigene Umfrage in Auftrag gegeben, die bei den üblicherweise gewählten 1000 Stichproben hohe Abweichungen aufweist, sondern alle abgegebenen rund 23 000 Stimmzettel aus 30 Wahllokalen und den Briefwahlbezirken vorher so markieren lassen, dass jedes abgegebene Votum in eine der zwölf Altersklassen ein- sowie dem Geschlecht zugeordnet werden konnte. Der Anteil der erfassten Wähler an der Zahl der in Stuttgart Stimmberechtigten betrug 8,6 Prozent, bei den Briefwählern 4,6 Prozent.
Mit zunehmendem Alter steigt die Beteiligungsquote
Ein Erkenntnisgewinn: die Senioren haben an der Urne die Macht. Mit zunehmendem Alter steigt nämlich die Beteiligungsquote an (mit Ausnahme der Kategorie 70 plus, bei der altersbedingte und gesundheitliche Einschränkungen zu Tage treten). Das Durchschnittsalter der Wähler sank 2011 gegenüber 2006 zwar von 53 auf 50,7 Jahre. Mehr als ein Drittel der Wähler stammte aber aus der Kategorie 60 plus. Der Anteil der unter 30-Jährigen betrug gerade einmal 16,3 Prozent. Die im Vergleich zur nächstfolgenden Altersklasse deutlich höheren Werte der Erstwähler erklärt sich der Statistiker durch den noch vorhandenen Einfluss des Elternhauses.
Für die CDU ist wichtig zu wissen, dass sie von Frauen stets stärker präferiert wurde als von Männern. 2011 verschwand der Vorsprung, jedoch wofür vor allem die Frauen zwischen 18 und 25 sowie die über 60-Jährigen verantwortlich waren. Die Grünen blieben frauenlastig – der Überschuss stieg auf 5,5 Prozent.
Dank Thomas Schwarz gibt es eine neue Altersklasse 70+
Wer welche Partei wählt, ist stark vom Alter abhängig. Die Grünen sind bei den Jüngeren beliebt, die Union bei den Älteren. Sie erzielte in der höchsten Altersgruppe der über 70-Jährigen den 1,9-fachen Stimmenanteil im Vergleich zu der von 18 bis 25 Jahren. Die Grünen haben bei den 35- bis 45-Jährigen das 2,1-fache an Anteilen im Vergleich zu den ganz alten Wählern. Übrigens: dass in Bund und Land die Kategorie 60 Jahre und älter in zwei Klassen aufgeteilt wurde, geht auf die Initiative von Thomas Schwarz zurück.
Die Wähler der Grünen werden immer älter
Die Wechselbereitschaft der Wähler nimmt mit zunehmendem Alter ab. Die höchste Variabilität wird bei jungen und mittleren Altersgruppen registriert. Auffällig ist die hohe Bereitschaft bei den 45- bis 60-Jährigen. Die geringste Veränderungsneigung besteht bei den Wählern ab 60 Jahren. Betrachtet man die Altersstruktur, fällt auf, dass die CDU vor allem von Älteren gewählt wird (Altersdurchschnitt zuletzt 55,1 Jahre), die SPD kaum Veränderungen aufweist (zwischen 50,7 und 50,9 seit 1988), und dass die Grünen-Wähler immer älter werden (Anstieg von 35,5 auf 47,1 Jahre).
Das Amt hat auch ermittelt, dass Männer wahleifriger sind. Der Abstand zwischen den Geschlechtern in der Beteiligungsquote ist weiter auf 2,2 Prozent gestiegen. Frauen liegen in den Altersklassen zwischen 35 und 50 und 60 bis 70 Jahren vorn. Die Männer stellen aber die Mehrheit bei den jüngsten und ältesten Wählern.