Wo andere Menschen auf der Suche nach dem Partner fürs Leben sind, machen seit einiger Zeit politische Parteien Wahlwerbung. So auch Luigi Pantisano. Der gebürtige Waiblinger sitzt für die Fraktion Linksbündnis im Stuttgarter Stadtrat. Zudem tritt er als überparteilicher Kandidat für die Wahl des Oberbürgermeisters in Konstanz am Sonntag, 27. September, an und wird dabei unter anderem von den Grünen und der Linken unterstützt.
Pantisano lächelt potenzielle Wähler an
Um auf sich und sein Wahlprogramm aufmerksam zu machen, hat sich der 40-Jährige nun eine Methode jenseits von Wahlplakaten und Podiumsdiskussionen zunutze gemacht: Auf der Dating-Plattform Tinder hat er sich ein Profil angelegt. Normalerweise gehen die Nutzer mit ihrem Profil auf Partnersuche. Das Profil von Pantisano sieht jedoch etwas anders aus: „Möchtest du mit mir wählen gehen?“ – in Anspielung auf den Spruch „Willst du mit mir gehen?“ – steht über seinem Foto.
Was noch auffällig ist: Der Luigi Pantisano, der die Tinder-Nutzer auf seinem Profil anlächelt, sieht nicht ganz so aus wie der 40-Jährige in der Realität. Auf dem Foto wurde Pantisano verjüngt: Neben seinem Namen ist deutlich zu lesen, dass er einen 24-Jährigen darstellen soll. „Die Grüne Jugend versucht mit dieser Aktion hauptsächlich Personen ähnlichen Alters, also zwischen 18 und 34 Jahren zu erreichen“, erklärt der OB-Kandidat. Das Durchschnittsalter der Menschen, die bislang positiv auf das Foto ansprangen, werde auf Anfang 20 geschätzt.
Der Account ist eine Idee der Grünen Jugend
„Der Tinder-Account geht auf eine Idee der Grünen Jugend in Konstanz zurück“, antwortet Pantisano auf die Frage, woher die Idee für Werbung auf einer Dating-Plattform komme. „Der dahinterstehende Gedanke ist, Menschen abseits des klassischen politisch interessierten Publikums zu erreichen.“ Die Grüne Jugend habe dies schon in einem vorherigen Wahlkampf so gehandhabt.
Doch wie reagieren die Nutzer auf Tinder? „Die Rückmeldungen sind hauptsächlich positiv“, sagt Pantisano. Zum Teil beziehe sich das auf die kreative Art der Werbung, aber auch auf Sympathien für seine Kandidatur. „Teilweise stellen die Matches aber auch konkrete Fragen zu meinem Programm.“
Politische Themen in einer Dating-App
Die Aktion wirft Fragen auf. Es dürfte Nutzer geben, die auf dem Datingportal nicht mit politischen Themen konfrontiert werden möchten. Wie geht die Plattform also gegen solche Werbeaktionen vor? „Grundsätzlich ist es nicht erlaubt, Werbung auf Tinder zu machen“, sagt ein Mitarbeiter der Agentur Jin, die in Deutschland für die Pressearbeit des US-amerikanischen Unternehmens zuständig ist.
Dass Politiker wie Pantisano für sich auf ihrer Plattform werben, sei Tinder ein Dorn im Auge, sagt so ein Sprecher Tinders. Die Plattform fördere politische Gespräche, solange diese respektvoll, menschlich und frei von Werbung bleiben. „Wir erlauben jedoch nicht, dass Tinder als Plattform für politische Kampagnen genutzt wird, wie es in unseren Richtlinien für die Community klar festgelegt ist“, heißt es in einer Erklärung des Unternehmens.
Profile könnten gesperrt werden
Ob die Richtlinien für die Nutzung von Tinder den Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichzusetzen sind, kann niemand der Verantwortlichen auf Nachfrage beantworten. „Die Community-Richtlinien sind unter Punkt acht in den Nutzungsbedingungen aufgeführt“, heißt es von Seiten Tinders. Dort ist unter anderem zu lesen: „Durch die Nutzung des Dienstes erklären Sie sich damit einverstanden, Folgendes zu unterlassen: [...] gegen unsere Community-Richtlinien zu verstoßen, die von Zeit zu Zeit aktualisiert werden.“
Folgt man nun dem Link zu den Richtlinien, gelangt man auf eine englischsprachige Seite. Unter dem Punkt „Promotion or Solicitation“ heißt es, dass Profile, die für die Werbung politischer Kampagnen angelegt wurden, eventuell gesperrt werden könnten.
Bisher keine Reaktionen von Tinder
Was sagt Luigi Pantisano dazu? War ihm bewusst, dass Tinder Werbeprofile nicht erlaubt? „Nein, das war mir nicht bekannt“, sagt der OB-Kandidat. Laut der Grünen Jugend sei bisher jedoch seitens Tinder nichts passiert. „Das Profil wurde nicht gesperrt“, sagt Pantisano.
In den USA rufe Tinder selbst dazu auf, zur Wahl zu gehen, heißt es von Seiten des Unternehmens: „Aber es wird nicht für den einen oder anderen Kandidaten geworben.“ Es handle sich um einen allgemeinen, unparteilichen Aufruf zur Beteiligung.