Das Wahrzeichen der Stadt gilt als Unikat – und ist von vielen Legenden umwoben.

Karlsruhe - Pyramiden dienten im Alten Ägypten als Begräbnisstätten der Könige. Die wohl bekannteste Pyramide in Deutschland steht auf dem Karlsruher Marktplatz – und das bereits seit 1825 und obwohl dort kein Pharao seine letzte Ruhestätte hat. Fast fünf Jahre lang ist das Wahrzeichen nun schon verhüllt, wegen des Tunnelbaus unter dem Zentrum der Stadt. Bald soll es aber wieder zu sehen sein.

 

Seit 2010 wird in Karlsruhe an der sogenannten Kombilösung gearbeitet, einem rund 2,2 Kilometer langen Tunnel unter der Kaiserstraße, in dem künftig die Stadt- und S-Bahnen verkehren sollen. Das Gesamtprojekt wird wohl mehr als 1,1 Milliarden Euro kosten. Seit Oktober 2013 war auch die Pyramide unter einer Holzverschalung verborgen. Die ist nun beseitigt, aber noch ist das Monument verhüllt, weil der Sandstein aufpoliert wird.

Die Pyramide war und ist ein beliebter Treffpunkt. Früher gruppierte sich der Christkindlesmarkt um sie, bevor auch er wegen der Baustellen verlegt wurde. Die Pyramide ist auf Strafzetteln aufgedruckt und auch auf amtlichen Briefbögen. Sie ist damit offizielles Logo der Stadt Karlsruhe und ein beliebtes Postkartenmotiv.

Einst stand am Marktplatz die Konkordienkirche

Etliche Legenden ranken sich um die Pyramide. Lange wurde behauptet, die Form rühre daher, dass die Markgrafen von Baden dem Gedankengut der Freimaurer nahestanden. Es ist zwar bekannt, dass Badens erster Großherzog Karl Friedrich (im Amt bis 1811) Mitglied einer englischen Freimaurerloge war. Die Entstehungsgeschichte der Pyramide, unter der der Stadtgründer Markgraf Carl Wilhelm begraben liegt, ist freilich eher trivial: Weil der großherzogliche Baumeister Friedrich Weinbrenner die einst am Marktplatz stehende Konkordienkirche, unter der der Markgraf 1738 bestattet wurde, 1807 abreißen ließ, verlor die Gruft sozusagen ihre Bleibe. Sie wurde provisorisch mit Holz abgedeckt, bis Weinbrenner 1823 mit dem Bau der Pyramide begann, die seitdem das Grab überdeckt.

Die wahre Geschichte sei also ernüchternd profan, sagt der Architekturhistoriker Gerhard Kabierske vom Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau (SAAI), das Teil des Karlsruher Instituts für Technologie ist. Was freilich manche Karlsruher nicht davon abhält, immer wieder geheimnisvoll-mystische Verbindungen in der Pyramide zu suchen. „Abenteuerliche Achsen, die etwa eine Verbindung mit der Cheops-Pyramide in Ägypten herstellen wollen“, sind laut Kabierske ebenso bemüht „wie Spekulationen um ein Symbol des Freimaurertums“.

Die Vorliebe für Ägyptisches war damals gang und gäbe

Allerdings hat der Baumeister in seinem Schaffen mehrfach Altägyptisches rezipiert – was laut Kabierske damals aber „alle Bereiche der Kultur vom Theater über Malerei bis zur Architektur durchdrang“. Zu den Überlieferungen gibt es auch Widerspruch: „Die Pyramide hat zumindest nach allgemeiner Wahrnehmung einen Bezug zur Freimaurerei“, sagt der Architekt und Stadtplaner Hans Robert Hiegel. Auch der fächerartige Grundriss Karlsruhes „habe schließlich einen deutlichen Bezug zur Freimaurerei“. Jedenfalls ist Karlsruhes Pyramide die einzige aus Stein mitten in einer Stadt. Im Internet halten sich hartnäckig Einträge zu mutmaßlichen Geheimbünden. Die 1907 in Karlsruhe gegründete Johannisloge etwa trägt noch den Zweitnamen „Zur Pyramide“.

Kabierske bleibt skeptisch: „Auch die Legende, die Pyramide setze sich unter der Erde in gigantischen Dimensionen fort, haben die Bauarbeiten für den Tunnelbau längst Lügen gestraft“, sagt er. Derzeit wird dem 6,81 Meter hohen und am Sockel 6,05 Meter breiten Sandstein der letzte Schliff verpasst. Ende September soll alles fertig sein, sagt der Baudezernent Michael Obert, für den die Pyramide „Heimat pur“ ist. Beim Stadtfest im Oktober soll sie „neu ins Blickfeld“ gerückt werden.