Die Lese ist vorbei – nur die Beeren für Eiswein oder Auslese hängen noch. Im Keller reift ein vielversprechender Jahrgang, sagt der Weinanalyst Horst Kinkler.

Waiblingen - Die Weinlese ist seit gut einer Woche beendet, die Ernte im Keller. Nur ganz vereinzelt hängt noch Riesling oder Lemberger für Spezialitäten wie Beerenauslese. Und angesichts der hervorragenden Gesundheit des Traubenguts spekulieren auch einige Wengerter und Genossenschaften auf einen 2012er Eiswein. Gut eingepackt in Netze haben etwa die Fellbacher Weingärtner eine kleine Menge Spätburgunder und Riesling hängen lassen, in der Hoffnung auf baldigen knackigen Frost. Auf Minus sieben Grad muss die Temperatur nachts sinken, damit die hart gefrorenen Beeren für die süß-fruchtige Spezialität gelesen werden können.

 

Derweil zeigt sich in den Kellern und vor allem im Neustädter Weinlabor so langsam, was die Tropfen des Weinjahrgangs 2012 nun tatsächlich versprechen. Horst Klingler analysiert dort die angehenden Edeltropfen für die meisten der Weinmacher aus der gesamten Umgebung, teils auch aus ferneren badischen Weinlanden. Und er ist von dem, was er bisher gesehen, geprüft und zu beurteilen hatte, regelrecht begeistert. „Gewinner sind alle in diesem Jahr“, sagt der Labormitarbeiter Daniele Prencipe, und Horst Klingler nickt dazu: „Wenn man im Weinberg aufgepasst hat, haben wir richtig gute Weine.“

Keine Probleme mit Pilzkrankheiten

Während der Reifezeit habe es hier in der Umgebung so gut wie keine Probleme mit Pilzkrankheiten wie Mehltau oder Peronospora gegeben, sagt der Weinanalyst – „im Unterland hat es anders ausgesehen“. Letztlich sei das Lesegut sehr gesund und – bei entsprechender Pflege – mit hervorragender Qualität in den Keltern angekommen. Niedere ph-Werte und relativ hohe Säurewerte versprächen besonders bei den Weißweinen mehr Frucht und Lebendigkeit in den Weinen, als beim Jahrgang 2011.

Zwar seien die Öchslegrade zum Beispiel beim Riesling maximal bis 90 gegangen und damit etwas niedriger gelegen als im Vorjahr, aber „die Anlage der Struktur ist filigraner und eleganter“. Und weiter geht es mit Grauburgunder, Weißburgunder und Chardonnay: „Da ist uns ein absoluter Volltreffer gelungen“, lautet hier die Einschätzung nach den ersten Analysen dessen, was momentan noch in den Zubern und Fässern gärt.

Lemberger mit fast 100 Grad Öchsle

Zu den Gewinnern im Weinjahrgang zählen nach Klinglers Auffassung ganz klar auch der Spätburgunder und Lemberger. Letzterer habe diesmal „an den 100 Öchsle gekratzt“. Was allerdings die Aufgabe mit sich bringe, per Regulierung der Gärtemperatur dafür zu sorgen, dass die Weine nicht zu alkohollastig werden. „14 Volumenprozent, das ist nicht wünschenswert. Wein mit so viel Alkohol verlangt nicht nach dem zweiten Glas, der taugt ausschließlich als Essensbegleiter.“ Allein beim Muskattrollinger, da sei er sich noch nicht so ganz sicher, was beim 2012er herauskomme, meint der Mann der Analysewerte. Der Duft sei immerhin vielversprechend. Und ganz klar: fest behaupten könne man beim aktuellen Stand der Dinge sowieso noch nichts. Zuversicht ist nach Klinglers Einschätzung trotzdem angesagt. „Die Annahme ist die, dass wir einen guten Jahrgang haben werden.“

Ganz ohne Anspannung seien aber die vergangenen Wochen auch im Weinlabor nicht gewesen. Schließlich habe angesichts der Trockenheit in den Weinbergen über lange Phasen bei den Rotweinen eine gewisse Böcksergefahr bestanden – ein Fehlton als späte Folge einer mangelhaften Versorgung der Reben und Stickstoffmangel im Most. „Wenn man es rechtzeitig merkt, kann man das regulieren“, sagt der Fachmann und gibt sich entspannt: „Es war nicht ganz stressfrei, aber jetzt haben wir Oberwasser.“