Eine 21-Jährige ist vom Waiblinger Amtsgericht wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Sie hatte auf dem Murrtalviadukt bei Backnang einen Unfall verursacht, bei dem zwei Freundinnen starben.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Waiblingen/Backnang - Wie genau es am 8. Januar zu jenem tragischen Unfall auf dem Murrtalviadukt bei Backnang gekommen ist, wird wohl ewig im Dunkeln bleiben. Drei junge Frauen waren nach einem gemeinsamen Mittagessen in einem China-Restaurant und einem späteren Stopp bei einer Schnellimbisskette am Abend mit unbekanntem Ziel mit einem Kleinwagen unterwegs gewesen. Die 21-jährige Fahrerin kann sich von da an an nichts mehr erinnern. Ihre 20- und 21 Jahre alten Freundinnen, die mit in dem Auto saßen, überlebten den Unfall nicht.

 

Die Polizei hat das Geschehen so rekonstruiert: Es ist gegen 18.30 Uhr, als die drei Freundinnen die Auffahrt zu der neu gebauten Brücke erreichen. In der Fahrbahnverschränkung zwischen der Bundesstraße und dem Viadukt verliert die 21-Jährige die Kontrolle über ihren Opel. Das Auto gerät schleudernd auf die Gegenfahrbahn und prallt dort gegen die Leitplanke. Ein entgegenkommender Kastenwagen kann weder bremsen noch ausweichen und knallt in die Seite des Opel. Der Kastenwagenfahrer bleibt weitgehend unverletzt, die Frauen werden aus dem Kleinwagen katapultiert. Die zwei Beifahrerinnen sind sofort tot, die Fahrerin überlebt schwer verletzt. Die Beifahrerinnen hatten sich nicht angeschnallt, doch ein rechtsmedizinischer Gutachter ist sicher, dass sie den Aufprall auch mit Gurt nicht überlebt hätten.

Die Unfallverursacherin hat sich jetzt vor dem Waiblinger Jugendschöffengericht unter dem Vorsitz von Martin Luippold wegen fahrlässiger Tötung verantworten müssen. Ein technischer Sachverständiger hat anhand der Bremsspuren rekonstruiert, dass sie mit mindestens 90 Stundenkilometern in die Verschränkung gefahren sein muss, wo lediglich eine Höchstgeschwindigkeit von 50 erlaubt war. Die „Kurvengrenzgeschwindigkeit“ gibt der Gutachter indes mit 110 Stundenkilometern an. So schnell, so glaubt er, sei die Frau nicht gefahren.

„Wir müssen wohl von einem Augenblicksversagen ausgehen“, sagt der Vorsitzende Richter, Martin Luippold. Möglicherweise habe die leichte Unebenheit im Bereich der Fahrbahnverschränkung zu einer Fehlreaktion der Fahrerin geführt. Die 21-Jährige stand weder unter Alkohol- noch unter Drogeneinfluss. Sie habe ihre Fahrprüfung bereits im Alter von 17 Jahren abgelegt und sei seither nicht auffällig geworden. Dass sie bewusst gerast sei etwa, weil sie sich mit einem anderen Verkehrsteilnehmer ein Rennen geliefert habe, sei auszuschließen.

In jedem Fall aber habe der Fahrfehler derart schwere Folgen nach sich gezogen, dass das Gericht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr habe aussprechen müssen; eine Strafe, die freilich auf Bewährung ausgesetzt werden konnte. Die junge Frau, die selbst schwere Wirbelverletzungen erlitten und am Rande einer Querschnittslähmung gestanden habe, müsse jetzt den Blick nach vorne richten und versuchen, ihr Leben in den Griff zu bekommen.

Gerüchten, dass die Straßenführung mit ursächlich für den Unfall gewesen sein könnte, tritt der Richter entgegen. Der Sachverständige habe erklärt, dass die Stelle ausreichend abgesichert, das Tempolimit frühzeitig angekündigt war. „Behördliche Versäumnisse sind nicht zu erkennen. Wir müssen davon ausgehen, dass die Frau die Situation völlig verkannt hat.“