Im Februar ist Robin Utz von einem Unbekannten hinterrücks erschossen worden. Am Sonntag ist das zur besten Sendezeit im Ersten Deutschen Fernsehen zu sehen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Waiblingen - Dass er mal Lukas Baumann heißen und als Umweltaktivist unterwegs sein würde, hat Robin Utz Anfang des Jahres noch nicht gewusst – geschweige denn etwas über seine Rolle auf dem Seziertisch eines Leichenschauhauses geahnt. Der junge Mann saß gerade im Stuttgarter Büro des Deutschen Alpenvereins, wo er nach dem Abitur am Waiblinger Saliergymnasium ein freiwilliges soziales Jahr absolvierte, als der Südwestrundfunk anrief. Ob man den Cannstatter Pfeiler für Filmaufnahmen nutzen könne, fragte ein Mitglied eines Fernsehteams an. Der Albverein bietet seinen Mitgliedern an jenem 18 Meter hohen Überbleibsel einer alten Eisenbahnbrücke in der Hofener Straße eine Möglichkeit, das Klettern zu üben. Robin Utz teilte mit, dass er das nicht entscheiden könne und verwies auf seinen Chef.

 

Wenig später wurde er verhaftet:Die Fernsehleute riefen erneut an, und der Jugendreferent des Alpenvereins zeigte sich nicht nur kooperationsbereit in Sachen Klettergelegenheit, sondern auch freizügig mit seinem Personal: „Ein Double fürs Hochklettern, dunkle Haare, drahtige Figur? Haben wir.“

Robin Utz dachte zunächst, dass er nur einmal kurz für einen nicht ganz schwindelfreien Schauspieler einspringen sollte. Doch dann wurde ihm eröffnet, dass er in der wohl prominentesten deutschen Krimireihe eine nicht ganz unerhebliche Rolle spielen sollte: nämlich die der Leiche.

Die insgesamt vier Drehtage haben dem jungen Mann, der gerade in Nürtingen mit dem Landschaftsarchitekturstudium begonnen hat, einiges abgefordert. Mindestens 40 Mal sei er den Cannstatter Pfeiler hochgeklettert, bis ihn ein professioneller Stuntman kurz für den Sturz aus acht Metern Höhe ablöste. Zu langsam, zu schnell – immer wieder bat der Regisseur um eine neue Einstellung, weil etwas nicht ganz so gelaufen war, wie er es sich vorgestellt hatte. Der härtere Teil indes folgte für Robin Utz erst danach. Drei Stunden lang habe er bei nasskaltem Februarwetter im Kies liegen müssen, trotz Regens nicht mit den Augen klimpern dürfen und möglichst regungslos einen soeben abgestürzten Toten mimen müssen. „Das war nicht so einfach“, sagt Utz und schmunzelt, „aber ich bin zwischendurch auch immer gut mit Tee und Wärmflaschen versorgt worden.“

Viel wärmer war es dann anderntags auch in den Baden-Badener Filmstudios nicht. Nachdem er schon zu nachtschlafender Zeit von einer Maskenbildnerin mit einem aschfahlen Teint und einem durchgehenden Oberkörperaufschnitt präpariert worden war, durfte er, lediglich mit einer Unterhose bekleidet, auf einem Metalltisch der Pathologie Platz nehmen. Vier Stunden lang dauerte hier die Einstellung jener Szene, die im Film am Sonntag wahrscheinlich kaum eine Minute lang zu sehen sein dürfte. Auch während der Drehpausen durfte Utz den Tisch nicht verlassen, um das Bild nicht zu verändern. Damit er sich nicht tatsächlich den Tod holte, wurde von unten ein Heizgebläse angeschaltet, wenn die Kamera nicht lief.

Zurück in Waiblingen, bei einer Probe des Schulchors, machten sich die Anderen freilich dann doch ernsthafte Sorgen um den leichenblassen Mitsänger. Utz konnte beruhigen – er hatte lediglich vergessen, sich abzuschminken.

Am Set hat er einige Schauspieler kennengelernt, auch die Kommissare Lannert und Bootz alias Richy Müller und Felix Klare, alle seien sehr nett zu ihm, den völlig Unerfahrenen, gewesen. Und er sei beeindruckt von der Professionalität der Filmproduktion, bei der wie selbstverständlich ein Rädchen ins andere gegriffen habe. Natürlich werde er bei dem Stuttgarter Tatort am Sonntag, der in Teilen übrigens auch auf dem Fellbacher Kappelberg gedreht wurde, ganz genau ansehen, sagt Robin Utz. Auch darin hat er noch nicht so viel Erfahrung. Bevor er als Leiche angefragt worden war, hatte er noch keine einzige Folge der Serie angeschaut.

Der Tatort „Tote Erde“ aus Stuttgart wird am Sonntag um 20 Uhr in der ARD ausgestrahlt