Über ein geheimes Onlineforum wurden Luxusartikel mit ausgespähten Kreditkartendaten bestellt – die Polizei hat dem Treiben mit einer Großaktion ein Ende bereitet.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Waiblingen - Der Polizei ist in acht verschiedenen Bundesländern ein Schlag gegen mutmaßliche Internetbetrüger gelungen. Nachdem die Ermittlungen gegen Betreiber und Mitglieder eines Untergrundforums schon seit Ende Juli liefen, schlugen die Fahnder am Dienstag vergangener Woche zu. Dies hat die Polizei am Donnerstag mitgeteilt.

 

In Berlin, Bayern, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Saarland, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein wurden am 29. September zur gleichen Zeit Wohnungen durchsucht – in Baden-Württemberg war keine dabei. Der Polizeisprecher Ronald Krötz erklärt, warum dennoch die Staatsanwaltschaft Stuttgart und die Kriminalpolizeidirektion Waiblingen mit den Ermittlungen betraut waren: „Die Kollegen sind im Rahmen eines anderen Ermittlungsverfahrens auf diese Sache gestoßen und waren daher dafür zuständig.“

Womöglich viele Spuren zu weiteren Tätern

Die Fahnder hatten es mit einem geheimen Online-Forum zu tun, in dem kriminelle Dienstleistungen angeboten wurden. Schwerpunkt der Seite waren laut der Polizei Onlinebestellungen von hochwertiger Markenkleidung und Elektronikartikeln – und zwar mit Hilfe von fremden, ausgespähten Kreditkartendaten.

Bei den Durchsuchungen stellten Fahnder nicht nur Computer, sondern auch Hinweise auf Rauschgift-Delikte fest. Zwei Verdächtige wurden deswegen festgenommen. Welche Taten noch über das Onlineforum abgewickelt wurden, verrät Krötz aus taktischen Gründen nicht. Die Ermittler rechnen nämlich damit, dass sich bei der Auswertung der beschlagnahmten Daten noch viele weitere Verfahren ergeben werden. Der Schaden, den die Cyberkriminellen angerichtet haben, sei „im sechsstelligen Bereich“, so Krötz.

Bei der Kripo Waiblingen kennt man sich mit derartigen Fällen gut aus: Dort existiert eine Einheit von rund 20 Polizisten, die sich auf die Gaunerjagd im virtuellen Raum spezialisiert haben. Sie verfolgen die Spuren von Hackern, Kinderporno-Ringen – und eben von Onlinebetrügern.

Mehr Verbrechen und begehrte Waren bringen Aufstieg in der Forenhierarchie

In diesem Fall ermittelten sie nicht im sogenannten Darknet, sondern in einem Untergrund-Forum, das über normale Internetbrowser aufgerufen werden konnte – vorausgesetzt, der Nutzer kannte die geheime Adresse. Solche Bereiche des Internets werden auch „Greynet“ genannt. „Jeder Teilnehmer musste sich erst vom Betreiber freischalten lassen“, erklärt Ronald Krötz. Um diese Freigabe überhaupt zu erhalten, hätten die Onlineganoven meist Empfehlungen von anderen, bereits registrierten Mitgliedern vorweisen müssen. Je nach geleisteten kriminellen Beiträgen und angebotenen Fähigkeiten konnten die Mitglieder in der Forenhierarchie aufsteigen.

Darknet
In diesem geheimen, verschlüsselten Bereich des Internets werden illegale Waren und Dienstleistungen angeboten – bis hin zum Auftragsmord. Das Darknet gelangte zu einiger Berühmtheit, nachdem bekannt wurde, dass der Amokläufer, der im Juli in München neun Menschen erschossen hatte, sich seine Waffe dort besorgt hatte.

Zahlen
Kriminelle nutzen die Möglichkeiten des Internets immer häufiger. Die Fälle von Computerbetrug im Rems-Murr-Kreis sind beispielsweise im Jahr 2015 um fast drei Viertel auf 95 gestiegen. Die Internetkriminalität im gesamten Bereich des Präsidiums Aalen ist um 11 Prozent auf 1883 Delikte gestiegen.