Im Restaurant am Marktplatz bleibt die Küche kalt, Bertrand Lentz ist ausgezogen. Gehobene Gastronomie soll aber im historischen Bau bleiben. Davor gibt es an diesem Waiblinger Schmuckstückle aber einiges zu tun.

Waiblingen - Die elsässisch-schwäbischen Zeiten im historischen Alten Rathaus zu Waiblingen sind vorbei. Bertrand Lentz, der zusammen mit seiner Schwester Marie-Laure im knapp 300 Jahre alten Fachwerk-Schmuckstückle am Marktplatz rund 17 Jahre lang gewirtschaftet hat, ist zum November aus- und ins Elsass zurück gezogen. Baeckeoffe, Choucroute garnie, Crêpe Suzette und die neun Varianten vom Cordon bleu sind zumindest in Waiblingen kulinarische Vergangenheit. Oberhalb der Arkaden, die am fachwerkumstandenen Marktplatz als Veranstaltungsort für Wochenmärkte, Weinevent oder für das vorweihnachtliche Kasperletheater dienen, soll allerdings weiterhin in historischem Ambiente gutbürgerliche Gastronomie geboten werden, sagt der Oberbürgermeister Andreas Hesky. Aber auch Erhalt und Sanierung seien ein Herzensanliegen: „Das ist eines der wichtigsten Gebäude der Stadt.“

 

Großes Manko ist die schwere Zugänglichkeit

Bekannt sei seitens der Stadt natürlich auch, dass die langjährigen Pächter „unter suboptimalen Bedingungen wirtschaften mussten“, sagt Hesky. Das große Manko in der schmucken Stadtstube sei eben deren schwere Zugänglichkeit, die fehlende Behindertengerechtigkeit und die Probleme für eine sinnvolle Außenbewirtschaftung. Für einen Wirt und Mitinvestor biete sich nun die große Chance, mit dem gesamten Gebäude zu planen – inklusive Bewirtschaftung der Arkaden und der im Obergeschoss liegenden Wohnung. Voraussetzung dafür sei aber eine grundlegende Sanierung, samt Umbau der Zugänge und des Küchentraktes. Wobei da mit einem Investor natürlich auch über den – auch finanziellen – Part der Stadt zu sprechen sei. Interessenten für einen Umbau gibt es offenbar. Allerdings sei noch nichts spruchreif, sagt Hesky. Aber: „Es sind auch schon Interessenten von sich aus auf uns zu gekommen.“

Seit 1928 steht das vor mehr als 500 Jahren erstmals erwähnte Gebäude unter Denkmalschutz. Innen, im einstigen Ratssaal der Stadt, künden noch heute eine prächtige Stuckdecke und ein raumhoher Kachelofen von einstiger Ratsherren-Pracht in der Oberamtsstadt. 1476 ist der Bau am Marktplatz erstmals genannt worden, 1634 fiel er dem großen Stadtbrand zum Opfer und wurde erst gegen 1730 wieder neu aufgebaut.

Erst Rathaus, dann Knabenschule

Als um 1870 das Rathaus seinen Zwecken nicht mehr genügte, war sein Abriss im Gespräch. Mit Rücksicht auf das Gesamtbild des Marktplatzes haben die Stadtverantwortlichen damals aber wieder davon Abstand genommen. Nachdem der Rat der Stadt 1875 umgesiedelt war, zog 1876 die Knabenvolksschule ein. Nach 1902 residierte die Gewerbeschule und später die Volkshochschule in dem Gebäude, dessen ursprünglich offenes Erdgeschoss für diese Nutzungszwecke mit Wänden versehen war.

In den späten 1920er-Jahren war das Alte Rathaus das erste Gebäude in Waiblingen, an dem das Fachwerk freigelegt wurde. Bei einer Renovierung in den 1970er-Jahren sind dann auch die Einbauten im Erdgeschoss wieder entfernt worden. Seitdem gibt es die einst unter anderem als Markthalle genutzte Schranne wieder, die laut den Plänen der Stadt künftig im gastronomischen Alltagsbetrieb des Alten Rathauses mitgenutzt werden könnte. Er hoffe nun auf die Bereitschaft eines Wirtes und Investors, die Zukunft dieses stadthistorisch und städtebaulich wertvollen Gebäudes zusammen mit der Verwaltung zu gestalten, sagt Hesky. Und was das Restaurant angeht, so wäre „schwäbische Küche natürlich schön, ansonsten ist die Nationalität egal“.