Am denkmalgeschützten Waiblinger Marktdreieck sind derzeit Spezialisten zugange. Sie befreien die farbig lackierten Fassaden des umstrittenen, denkmalgeschützten Baus von Schmutz und Flechten.

Waiblingen - Manch einer hat sich selbst nach 40 Jahren noch nicht an seinen Anblick gewöhnt: Am Waiblinger Marktdreieck, einem futuristisch anmutenden farbigen Bau, der in den Siebziger Jahren mitten in der historischen Altstadt errichtet wurde, scheiden sich bis heute die Geister. Daran hat auch die Tatsache nichts geändert, dass das Gebäude vor fünf Jahren unter Denkmalschutz gestellt wurde. „Ufo“ oder „Käfer vom Mond“ sind zwei der nicht gerade schmeichelhaften Spitznamen, die Kritiker dem Bauwerk verpasst haben.

 

Hannes Schierle und sein Team sorgen derzeit dafür, dass das Marktdreieck einem weiteren Necknamen – „Farbschachtel“ – bald wieder alle Ehre macht: Mit speziellen Fasertüchern, reichlich Wasser und einer besonderen Paste reinigen sie die lackierten Fassadenelemente aus Aluminium, so dass deren verblasste Farben wieder intensiv leuchten. Etwas mehr als tausend Quadratmeter müssen die Spezialisten für Fassadenreinigung aus Schwäbisch Hall Quadratzentimeter für Quadratzentimeter in Handarbeit säubern und so die Spuren der Zeit, jede Menge Schmutz und Flechten, beseitigen.

Grün und Blau statt Umbra

Die Farbe sei durch die Umwelteinflüsse etwas angeknabbert, sagt Hannes Schierle, dem das Marktdreieck bis vor kurzem kein Begriff war. Dessen Zustand könne man mit einem Auto vergleichen, das 30 Jahre bei Wind und Wetter im Freien gestanden habe: „Da wird der Lack auch matt.“

Dass sich das Gebäudeensemble in leuchtenden Grün- und Blautönen präsentiert, sei ursprünglich gar nicht so geplant gewesen, erzählt Michael Gunser, der den Fachbereich Hochbau und Gebäudemanagement der Stadt leitet. „Es gab wohl erst eine Version in Umbra. Das war eben eine Zeit, in der man im Fachwerkbereich gerne Braun und Beige gewählt hat.“ Diese Umbra-Variante habe man dann aber doch als zu düster und schwer empfunden, berichtet Michael Gunser – woraufhin die Farbwahl nochmals überdacht und schließlich geändert worden sei.

Michael Gunser gehört zu den Fans den Marktdreiecks, das einer Eigentümergemeinschaft gehört, an der neben Privatleuten auch die Stadt beteiligt ist. Im Gebäude, welches unter anderem die Bücherei und das städtische Baudezernat beherbergt, steckten sehr viele Überlegungen, sagt Michael Gunser – der Architekt Wilfried Beck-Erlang habe den Standort analysiert und Elemente aus der historischen Umgebung aufgegriffen.

Beste Aussicht auf die Umgebung

So etwa das Raster aus dunklen Streifen zwischen den Farbelementen, das der Fachwerkstruktur der umliegenden Häuser ähneln soll. In dem von manchen geschmähten Koloss steckten tolle Ideen, betont Gunser und nennt unter anderem die sehr flexible Grundrissgestaltung. „Das Stahlbetonskelett trägt sich selbst, daher ist das Gebäude innen völlig flexibel aufteilbar.“ Auch gebe es weder eine Vorder- noch eine Rückseite in dem vieleckigen Bau, von dessen Terrassen sich eine schöne Aussicht auf die Umgebung bietet; auf die Altstadt, die Talaue und die Rems.

Rechtzeitig zur Gartenschau, die am 10. Mai beginnt, wollen Hannes Schierle und seine Mitarbeiter das Marktdreieck rundum gesäubert haben. „Die grobe Verschmutzung machen wir mit Wasser und einem Tuch aus synthetischem Gewebe schonend runter“, erklärt Schierle. Anschließend werden die Fassadenelemente mit reichlich Wasser abgewaschen und danach eine spezielle Reinigungspaste aufgetragen. „Wenig direkte Sonneneinstrahlung ist am besten, sonst trocknet der Reiniger so schnell an“, erklärt Hannes Schierle, der sonst vor allem Putzfassaden reinigt. Vor dem Beginn der Arbeit am Marktdreieck hat er mehrere Reinigungsmethoden für diesen Spezialfall getestet.

Die schonendste Variante habe man letztendlich ausgewählt, erzählt Michael Gunser. Bei dieser tragen die Fassadenreiniger in einem letzten Schritt mit einem Pad eine Konservierungsschicht auf die Fassadenelemente auf, die dann glatt poliert werden. Ein leichter Farbabtrag lasse sich durch die Reinigung nicht ganz vermeiden, sagt Michael Gunser – aber das werde dadurch kompensiert, dass das Marktdreieck mit dieser Reinigungsaktion für die nächsten Jahrzehnte zukunftsfest gemacht werde – und bald wieder glänzend da stehe.