Stihl setzt sich mächtig unter Strom und will ab 2024 auch am Stammsitz Waiblingen Akku-Produkte fertigen. Welche Pläne das Unternehmen hat und wie viel Frauenpower dahinter steckt.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Derzeit ist jedes fünfte Produkt, das Stihl weltweit verkauft, ein Akku-Gerät. Das soll sich ändern. Bis 2027 soll es mindestens jedes dritte Gerät sein. 2035 strebt der Motorsägen- und Gartengerätehersteller 80 Prozent Akku-Anteil an.

 

Die Pläne sind ehrgeizig. Dafür schreitet Stihl-Chef Michael Traub auch gern selber zur Tat. Nach der Pressekonferenz in Stuttgart zeigt er, was die neue kompakte Akku-Motorsäge für die Grundstückspflege alles kann. Zudem will das Familienunternehmen ab 2024 auch am Stammsitz Waiblingen und am neuen Produktionsstandort in Oradea (Rumänien) Akku-Produkte produzieren.

E-Fuels für Verbrennermotoren

Bislang werden diese in Österreich und den USA gefertigt. Um eine führende Spitzenposition im Akku-Markt einzunehmen, investiere man mit höchster Priorität in innovative und leistungsstarke Akku-Produkte. Allerdings setzte man aber dennoch auf eine „doppelte Technologieführerschaft“, wie Traub sagt.

„Es wird noch einige Zeit vergehen, bis es im Wald Steckdosen gibt“, so der Stihl-Chef. Nicht alle Wachstumsmärkte seien für Akkus ausgelegt, gleiches gilt für Profi-Geräte. Bei Verbrennungsmotoren setzt Stihl daher auf biogene Kraftstoffe und E-Fuels, um den CO2-Ausstoß zu verringern. Das funktioniert, wie Entwicklungsvorstand Anke Kleinschmit mit einer Profi-Motorsäge demonstriert, die gerade mit synthetischem Kraftstoff befüllt wurde. Der kommt aus einer Pilotanlage in Chile, in der Autobauer Porsche mit Partnern E-Fuels mittels Windenergie aus grünem Wasserstoff und Kohlendioxid produziert. Auch ältere Stihl-Modelle können so betrieben werden, sagt Kleinschmit.

Frauenpower gibt es bei Stihl nicht nur bei innovativen Produkten, sondern auch auf anderen Vorstandsposten. Drei der sechs Vorstände sind weiblich. Ingrid Jägering, die im Stihl-Vorstand die Finanzen verantwortet, ist seit Mai 2022 an Bord, Sarah Gewert (Marketing und Vertrieb) seit 1. Januar 2023.

„Stihl ist in einer spannenden Phase der Veränderung“, sagt Jägering und sieht das Unternehmen mit einer Eigenkapitalquote von 62 Prozent und einem „zufriedenstellenden Ergebnis“, das Stihl traditionell nicht nennt, gut aufgestellt.

Umsatzrekord trotz abschwächender Nachfrage

Im vergangenen Jahr hat Stihl mit 5,5 Milliarden Euro erneut einen Rekordumsatz geschafft. Das entspricht einem Plus von 8,6 Prozent, das vor allem auf Währungseffekte, inflationsbedingte Preiserhöhungen und eine stärkere Nachfrage nach teuren Profi-Geräten zurückgeht. Ohne Währungseffekte waren es 3,1 Prozent Zuwachs.

Gegenüber dem wachstumsstarken Jahr 2021 verzeichnete Stihl einen leichten Nachfragerückgang. Neben einer schwachen Konjunktur in Kernmärkten wie den USA und Westeuropa und einer abnehmenden Kaufkraft wurde nach der Lockerung der Coronamaßnahmen auch wieder mehr für Reisen, Gastronomie und Kultur ausgegeben, statt für Heimwerken und Gartenarbeit.

360 offene Stellen

Stihl hat weltweit gut 20 500 Beschäftigte, davon fast 6000 im deutschen Stammhaus, der Andreas Stihl AG & Co. KG, deren Umsatz um fast zwölf Prozent auf 1,78 Milliarden Euro zugelegt hat. Im Inland hat Stihl 360 offene Stellen – vor allem in Zukunftstechnologien wie Akku, Software, IT und Digitalisierung. 2022 hat Stihl weltweit rund 400 Millionen Euro investiert.