Im Bereich des Kotzenlochs am Lemberg sind rund drei Dutzend Bäume gefällt worden. Die Maßnahme kommt seltenen Wildblumen zugute und ist obendrein Bestandteil einer Prüfung zum Forstwirtschaftsmeister.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Feuerbach - Joel Fähnle hat sich für seine Meisterprüfung das Kotzenloch ausgeguckt. Der 25-jährige Forstwirt war vergangene Woche mit einer Riege Waldarbeiter in der stillgelegten Mergelgrube am Lemberg unterwegs. Mit Spaltäxten, Motorsägen und einem schweren Forstfahrzeug machten sie sich daran, Bäume, Äste und Sträucher zu entfernen, um das Biotop wieder in Schuss zu bringen und so den Fortbestand eines in Stuttgart einzigartigen Wildblumenvorkommens zu sichern. „Hier wachsen äußerst seltene und teilweise bedrohte Wildblumen, zum Beispiel Hirschwurz, Hügelklee, Weiden-Alant und das Nickende Leimkraut“, erklärt Fähnle. „Leider wurden hier in den vergangenen Jahrzehnten keine ausreichenden Pflegemaßnahmen durchgeführt, so dass diese wertgebenden Arten aufgrund des Schattens der Gehölze stark zurückgegangen sind und nur noch in geringer Zahl am Plateaurand auf dem Felskopf vorkommen.“

 

Die Maßnahme kommt seltenen Wildblumen zugute

Das soll sich wieder ändern. „Unser Ziel ist es, wieder mehr Licht auf den Boden zu bringen.“ Hierfür mussten die Arbeiter zum einen jungen Gehölzaufwuchs entfernen, zum anderen alte, stark beschattende Eichen, Buchen und Eschen fällen – und größtenteils auch aus dem Gebiet räumen. Was nicht immer in diesem Maße üblich sei. „Im normalen Waldbestand gelten unter anderem Totholz und dickes Laubstreu als wertvoller Lebensraum für Insekten und Vögel, so dass wir meist auch Bäume stehen, beziehungsweise liegen lassen.“ Da die zu schützenden Wildblumen vor allem an nährstoffarme Verhältnisse angepasst seien, müssten Bäume und Gehölze zumindest vom Felskopf oberhalb der Felswand verstärkt entfernt werden. Das stärkere Holz werde als Brennholz verkauft, dünnere Äste würden zu Hackschnitzeln verarbeitet werden. „Auch Efeu haben wir entfernt, da es große Flächen überwuchert und den Boden beschattet hat“, sagt Fähnle.

Optimale Bedingungen für Waldeidechsen

Nicht nur der Flora, sondern auch der Fauna komme der Einsatz im Wald zugute: „Im Steinbruch finden auch Zaun- und Waldeidechsen optimale Bedingungen, auch sie profitieren von der Pflegemaßnahme.“ Und nicht nur die. „Entlang dem Kotzenloch verläuft ein beliebter Wanderweg des Albvereins, dort haben wir verdorrte Eichenäste abgesägt, um die Verkehrssicherheit herzustellen, auch mussten Äste über einer Stromleitung entfernt werden.“ Für diesen Einsatz mussten eigens so genannte Baumkletterer beauftragt werden, die an Gurten gesichert in die Baumkronen stiegen.

Die Pflegemaßnahme im Kotzenloch ist Bestandteil von Joel Fähnles praktischer Meisterprüfung zum Forstwirtschaftsmeister. „Insgesamt gibt es mehrere Prüfungen, diese hier gilt für den Bereich ,Produktion und Dienstleistung‘ und dauert eine Woche“, erklärt er. Aufgabe sei es, ein umfangreiches Projekt zu planen, es zu leiten und anschließend eine ausführliche Dokumentation zu erstellen. Beinhaltet ist neben der Planung auch das Einholen der Genehmigungen zum Fällen sowie die Konzeption für die weitere Pflege und ein Kolloquium, in dem er Rede und Antwort stehen müsse. „Heute Nachmittag kommen noch die Prüfer vorbei und verschaffen sich einen Eindruck. Heute Morgen war ich schon ein bisschen aufgeregt, aber es läuft alles gut.“ Oberstes Gebot habe der Arbeitsschutz und die Organisation der Wegesicherung, damit Spaziergänger nicht gefährdet werden.

Noch bis diesen Mai dauert Fähnles neunmonatiger Meisterkurs im Forstlichen Bildungszentrum Königsbrunn. „Ich hoffe, dass sich danach eine Meisterstelle auftut – am liebsten in Stuttgart.“