Als erste Kommune im Kreis Böblingen erarbeitet die Stadt Waldenbuch ein Konzept für Starkregen. Mehrere sensible Einrichtungen sind von Überschwemmungen bedroht.

Waldenbuch - Katastrophen wie 2016 in Braunsbach oder in diesem Sommer in Sizilien und Mallorca will man in Waldenbuch nicht erleben. Als Pionier im Landkreis Böblingen erarbeitet die kleine Stadt im Aichtal deshalb einen Plan, um bei Starkregen gewappnet zu sein. In einem ersten Schritt hat das Stuttgarter Ingenieurbüro IWP untersucht, welche Areale bei extremen lokalen Niederschlägen besonders betroffen sind. Das Ergebnis liegt nun vor und zeigt: Gleich an mehreren Stellen im Stadtgebiet sind Überflutungstiefen von bis zu einem Meter möglich. Ein Handlungskonzept soll dabei helfen, das Risiko zu minimieren.

 

„Absoluter Schutz nicht möglich“

Die ernüchternde Botschaft der Experten lautet: Ein absoluter Schutz gegen die möglichen Auswirkungen von Überflutungen durch Starkregen ist nicht möglich. „Wir werden es nicht schaffen, das Wasser innerorts zurückzuhalten“, stellte Armin Binder fest, der die Übersichtskarten im Gemeinderat präsentierte. Auch auf die Wettervorhersage könne man in diesem Fall nicht bauen. „Es ist reiner Zufall, wo sich die Gewitterwolke festsetzt und abregnet“, betonte der Fachingenieur.

Doch wer weiß, dass ihm bei extremem Starkregen Unheil droht, kann vorbeugen. „Es gibt eine Vielzahl von baulichen Maßnahmen, mit denen sich die Folgen mindern lassen. Außerdem ist es wichtig, sich im Vorfeld darüber Gedanken zu machen, wo sensible Bereiche und Einrichtungen liegen und entsprechende Einsatzpläne auszuarbeiten“, gab Armin Binder zu bedenken.

Tatsächlich befinden sich in Waldenbuch eine Reihe neuralgischer Punkte innerhalb der möglichen Überflutungszonen. Dazu gehört unter anderem das Feuerwehrgerätehaus, in dessen Umfeld das Wasser im Ernstfall auf bis zu 50 Zentimeter steigen könnte. „Wir bereiten entsprechende Maßnahmen vor. Wenn es ganz schlimm kommt, weichen wir auf den Bauhof aus“, erklärte Bürgermeister Michael Lutz. Mit dem Seniorenwohnheim Sonnenhof und dem Pflegeheim Haus an der Aich sind zwei weitere zentrale Einrichtungen so positioniert, dass Überflutungen drohen. Als Gebiet mit den größten Überflutungstiefen haben die Ingenieure das ehemalige Volksbankareal in der Gartenstraße identifiziert.

Gefahr sogar auf dem Kalkofen

Kritische Stellen gibt es aber nicht nur im Stadtkern. Im Bereich des Musikerheims und der Flüchtlingsunterkunft am Liebenaukreisel, im unteren Teil der Glashütte, bei der Liebenaustraße und rund um die Hochhäuser auf dem Kalkofen muss bei Starkregen ebenfalls mit Überflutungen gerechnet werden, die sich großflächig ausdehnen. Auch die Fließgeschwindigkeit kann zum Problem werden. Dies gilt vor allem in den Hanglagen des Kalkofens, der Liebenau und der Glashütte.

Ein wichtiger Teil des Risikomanagements ist deshalb die Sensibilisierung der Bevölkerung. „Jeder Einzelne sollte sich überlegen, welche baulichen Maßnahmen für seine Immobilie Sinn ergeben“, appellierte Armin Binder. Auch die Stadt wird aktiv. Das Ingenieurbüro erarbeitet auf Basis der Risikoanalyse nun ein Handlungskonzept, das neben der Informationsvorsorge, Empfehlungen zur Bauleitplanung, Einsatz- und Alarmplänen auch Objektschutz-, Rückhalte- sowie Ableitungsmaßnahmen umfasst.

„Kanalisation nicht erweiterbar“

Veränderungen in der Kanalisation gehören nicht zum Gesamtpaket. „Die Rohrdurchmesser, die dafür nötig wären, kriegen sie in der Straße nicht mehr unter“, stellte die Leiterin des Wasserwirtschaftsamts im Landratsamt Böblingen, Eva de Haas klar. Über die neuen Erkenntnisse und das weitere Vorgehen will die Stadtverwaltung die Bürger bei einer Einwohnerversammlung am 28. Februar 2019 informieren.

Informationen zu den aktuellen Maßnahmen, die den Hochwasserschutz entlang der Bäche und Flüsse in der Schönbuchstadt verbessern, gab es indes sofort. Die beiden großen Hochwasserrückhaltebecken am Sulzbach und am Segelbach wurden für Instandhaltungsmaßnahmen geleert. „Ihre Schutzfunktion haben sie dadurch nicht verloren“, bekräftigte die Amtsleiterin. Laufe alles nach Plan, könne das Sulzbachbecken im Jahr 2020 wieder aufgestaut werden. Das Segelbachbecken soll ein Jahr später soweit sein.